Uli Hoeneß ist mit seinem FC Bayern im Trainingslager in Rottach-Egern – und bringt den Tegernsee mit seinen Aussagen über den Transferpoker um Wunschstürmer Harry Kane beinahe zum Überschwappen. Als er am Trainingsplatz des FC Rottach-Egern vor die Aufnahmegeräte trat und recht schnell – und ziemlich plump – auf den Stand bei Kane angesprochen wurde, ließ der Ehrenpräsident den Fragesteller auflaufen: „Das können Sie von mir nicht erwarten. Jetzt haben wir den Verein endlich dicht, da fangen wir nicht gleich am ersten Tag an, ihn wieder undicht zu machen.“ Ein paar Minuten später berichtete Hoeneß dann aber doch recht detailliert von den Verhandlungen und versicherte, dass Harry Kane mehrmals sein Wort gegeben hätte, zum FC Bayern wechseln zu wollen. Des Patrons Plauderlaune kam vereinsintern weniger gut an und wurde mehr als „unnötig“ statt „förderlich“ eingestuft. Doch wer Hoeneß kennt, der weiß: Öffentliche Aussagen mit einer solchen Tragweite trifft er nur selten ohne Hintergedanken. Was wollte er also mit seinem Auftritt bezwecken?
Fakt ist: Hoeneß ist der erste Verantwortliche, der den Wechselwunsch von Kane zum deutschen Rekordmeister öffentlich ausspricht: „Bis jetzt ist es so, dass Harry in allen Gesprächen ganz klar signalisiert, dass seine Entscheidung steht. Und wenn die bleibt, kriegen wir ihn.“ Mit dieser euphorischen Aussage hat er zeitgleich den Druck auf den Spieler erhöht, im Falle eines unmoralischen Angebots seitens Tottenham zur Vertragsverlängerung im letzten Moment nicht doch noch einzuknicken: „Was uns gefällt, ist, dass er, seine Berater – also der Vater und der Bruder – ganz angenehm sind. Die haben bisher immer zu dem gestanden, was sie zugesagt haben.“
Und: Der langjährige Manager kennt die Eitelkeiten von Spurs-Boss Daniel Levy – und mag ihn trotzdem. Nicht umsonst hat Hoeneß am Tegernsee auch ihm in gewisser Weise Honig ums Maul geschmiert, indem er sagte: „Er ist ein ausgebuffter Super-Profi, den ich sehr schätze.“ Trotzdem ist es ein Ritt auf der Rasierklinge, den Hoeneß in diesem Transferfenster im Falle von Kane wagt. Dass sich der Wechsel von Kane nach München ziehen wird, war schon vor den Hoeneß-Aussagen klar. Erst die nächsten Wochen werden zeigen, ob die Tegernsee-Show des Ehrenpräsidenten förderlich war oder nicht.
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