München – Zwei der prägendsten Fußballerinnen aller Zeiten könnten sich tatsächlich bei der WM in Australien und Neuseeland (20. Juli bis 20. August), die am Donnerstag mit der Partie zwischen Neuseeland und Norwegen beginnt, noch einmal begegnen. Sollte Deutschland im Achtelfinale auf Brasilien treffen, würde die als Teampsychologin mitgereiste Rekordspielerin Birgit Prinz sicher ihrer ewigen Rivalin Marta die Hand reichen, die als lebende Legende mit 37 Jahren ihre sechste Endrunde spielt. Doch dem Turnier werden anderen Spielerinnen ihren Stempel aufdrücken. Fünf Kandidatinnen.
Megan Rapinoe (USA): Als Aktivistin und Antreiberin war die Fußballerin mit den rosafarbenen Haaren der Fixpunkt der WM 2019. Beste Spielerin und erfolgreichste Torschützin, Weltmeisterin und Weltfußballerin. Vom linken Flügel lenkte sie das Spiel auf dem Rasen, abseits des Platzes bezog sie Stellung zu allen gesellschaftspolitischen Themen. Kämpfte gegen jede Form der Diskriminierung. Legte sich mit dem US-Präsidenten Donald Trump an, dessen Einladung ins Weiße Haus sie spitz ablehnte. Noch immer hat die 38-Jährige große Strahlkraft, aber keinen Stammplatz mehr. Doch die Abschiedstour soll zum Erfolg werden.
Sam Kerr (Australien): Der Superstar der „Matildas“. Die Kämpfernatur aus Perth an der Westküste wird auf dem fünften Kontinent bewundert, viele Fans werden wegen der 29-Jährigen ins Stadion kommen. Die Torjägerin ist Teil einer bekannten Sportlerfamilie. Vater Roger und Bruder Daniel waren erfolgreich im Australian Football, wo auch Sam Kerr anfing. Als sie mal mit aufgeplatzter Lippe heimkam, versuchte sie sich erst im Netzball, ehe sie mit zwölf Jahren mit Fußball anfing. Ihre universelle Ausbildung hat sie zu einer zweikampf- und kopfballstarken Mittelstürmerin gemacht.
Ada Hegerberg (Norwegen): Die Weltfußballerin von 2018 hat mit Olympique Lyon alle Titel gewonnen, aber im Nationalteam noch nichts. Dicht dran war die 28-Jährige im EM-Finale 2013 gegen Deutschland (0:1). Bald suchte sich die begnadete Angreiferin ihre Gegner im eigenen Verband. 2017 trat die meinungsstarke Stürmerin aus dem Nationalteam aufgrund mangelnder Wertschätzung und Bezahlung zurück. Nach der Einigung vor der EM 2022 waren die Erwartungen riesig, doch die Torjägerin war Teil der Streitigkeiten, die zum blamablen Aus in der Vorrunde mit einem 0:8 gegen England und einem 0:1 gegen Österreich führten. Viel Zeit hat die vom FC Barcelona umworbene Modellathletin nicht mehr, um ein Turnier zu prägen.
Alexia Putellas (Spanien): Bitterer hätte es nicht laufen können. Einen Tag vor Beginn der EM in England riss sich die beste Spielerin im Training das Kreuzband im linken Knie. Die Fußball-Welt trauerte mit einer Spielerin, die mit dem FC Barcelona auf dem Zenit ihrer Schaffenskraft war. Ob die Spanierinnen sonst das Gruppenspiel gegen Deutschland und das Viertelfinale gegen England verloren hätten? Mit der Reha ließ sich „la Reina“ – die Königin – einige Zeit. Ein guter Entschluss, wie sich zeigt. Schlägt die 29-Jährige nun zurück?
Lucy Bronze (England): Vor vier Jahren hatte sich Ralf Kellermann schnell festgelegt. Der Sportdirektor des VfL Wolfsburg sagte, dass England selbst im verlorenen Halbfinale gegen die USA auf Augenhöhe agierte, weil rechts hinten eine Dampfmacherin auf Weltklasseniveau agierte: Lucy Bronze prägt von ihrer Position an guten Tagen ein Spiel wie keine andere. Ihre Passsicherheit, ihr Behauptungswille und ihre Impulse sind herausragend – auch wenn sie das in Barcelona nicht immer zeigt. Nun will die 31-Jährige mit den „Lionesses“ nach der EM unbedingt auch die WM gewinnen. FRANK HELLMANN