Bayern in der Müller-Klemme

von Redaktion

Weltmeister droht Asien-Aus – „Unglückliche“ Lage für letztes Vertragsjahr

VON HANNA RAIF UND PHILIPP KESSLER

Rottach-Egern – Die Grüße von der Säbener Straße kamen am Mittwoch. Aber so sehr sich Thomas Müller in seinem kurzen Video auch bemühte, man merkte dem 33-Jährigen schon binnen 20 Sekunden an, dass die Situation für ihn – rund eine Stunde Fahrtzeit entfernt von seinen Teamkollegen – alles andere als zufriedenstellend ist. Sein „kleines Update“ beinhaltete auch folgende Worte: „Es ist nichts Schlimmes, aber in meinem Alter hat man ein bisschen mit Wehwehchen zu kämpfen.“ Ein Problem, das ihn aktuell, wo er an muskulären Hüftproblemen laboriert, besonders beschäftigt – und Auswirkungen auf die ganze Saison haben dürfte.

Das Thema Müller mag zwar im Moment von drängenderen Fragen rund um die Namen Harry Kane und Kyle Walker, Leon Goretzka und Benjamin Pavard, ja sogar Yann Sommer und Alexander Nübel in den Hintergrund gedrängt worden sein. Es ist den Verantwortlichen im Verein aber durchaus bewusst, dass es noch da ist – und auch nicht von alleine verschwinden wird. Thomas Müller, 33 Jahre alt, Bayern-Urgestein, geht in sein letztes Vertragsjahr, und die Pläne, die er selbst und der Verein haben, sind da womöglich nicht ganz deckungsgleich. Müller, Vize-Kapitän und Aushängeschild, will auf dem Platz eine Unverzichtbarkeit untermauern, von der intern nicht mehr alle überzeugt sind. Dass er dabei schon in der Vorbereitung jäh ausgebremst wird, ist nicht gerade förderlich. Vielmehr verschiebt es die Problematik ein wenig nach hinten. Ob das besser ist? Fraglich.

Schon am Tegernsee, wo Müller nach Sonntag abreisen musste und lediglich zum Team-Event am Montag zurückkehrte, war Müller Gesprächsthema. Und Tuchel gab zu, dass der Fall aktuell nicht leicht sei. Für die am Montag startende Asien-Reise werde es „eng“, ließ der 49-Jährige verlauten, intern wird trotzdem darüber nachgedacht, Müller mitzunehmen. Tuchel führte aus: „Wir überlegen, ob es Sinn macht, ihn mitzunehmen – oder wir mehr Ressourcen haben, ihn in München aufzubauen.“ Für diesen Fall soll Müller nach der Rückkehr Anfang August ins Mannschaftstraining einsteigen. Bis zum Ernstfall im Supercup bleiben dann keine zehn Tage.

Tuchel sucht aktuell den Austausch mit dem medizinischen Staff, einen direkten Kontakt zu Müller hat er in den vergangenen Tagen nicht gehabt. Trotzdem weiß er um seine Gemütslage. Die Verletzung von Müller hat sich nach Informationen unserer Zeitung schon länger angebahnt, immer wieder war der Weltmeister daher auch an der Säbener Straße, als die Kollegen noch im Urlaub weilten. Er braucht nun Zeit, und ist „traurig darüber, wir auch“, sagte der Trainer, der aber nicht „übermäßig zweifeln“ möchte. Dass Müller aus marketingtechnischer Sicht in Asien fehlen würde, ist dem Coach egal: „Es ist ein sportlicher Verlust für mich.“

Zieht man Müllers Einsatzzeiten der Ära Tuchel heran, darf diese Aussage zumindest kritisch hinterfragt werden. Es gab nicht allzu viele sogenannte „Thomas-Müller-Spiele“, vielmehr deutete sich an, wie Tuchel über den Fall denkt. Wie unsere Zeitung erfuhr, ist dem Coach nämlich durchaus bewusst, dass die Personalie schon Trainer wie Niko Kovac, Carlo Ancelotti und Julian Nagelsmann in Erklärungsnot brachte; auch er wird früher oder später in der Klemme sein. Tuchel-Fußball ist kein Müller-Fußball. Aber zu hören ist: Tuchel will Müller keinesfalls absägen, sondern einen für alle Seiten gesichtswahrenden Weg finden, ein würdiges Ende im Bayern-Trikot einzuleiten.

Müller schloss sein Video übrigens mit den Worten: „Ich bleibe dran.“ Man darf das durchaus wörtlich nehmen. Ein Müllerthomas kämpft – bis zum Schluss.

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