„Es wird spektakulär in dieser Superhalle“

von Redaktion

SAP GARDEN Sprecher Stefan Schneider und Thomas Killian über ihren zukünftigen Arbeitsplatz

München – Ein Jahr noch, dann öffnet sie ihre Pforten, die neue Luxusheimstätte des EHC Red Bull München und des FC Bayern Basketball, die Red Bull derzeit im Olympiapark baut. Auf dem Weg dorthin bringt unsere Zeitung immer wieder beide Seiten zusammen. Heute Stefan Schneider und Thomas Killian, die Hallensprecher.

Der SAP Garden nimmt sichtbar Gestalt an. Wie ist das Gefühl beim Besuch des neuen Arbeitsplatzes: „Ahhh“ oder „ohoh“?

Killian: Ganz klar ein ahhh. Ich hatte ja schon mal das Erlebnis Olympiahalle. Das war schon anders. Ich war nun zum ersten Mal unten im SAP Garden, an dem Platz, an dem wir sitzen werden. Das fühlt sich gut an. Da pumpt es, da kribbelt es. Da merkt man: Das wird gigantisch.

Herr Schneider, Sie sind aus Ihrer Vergangenheit als 1860-Stadionsprecher gewissermaßen Umzugsprofi, auch wenn die Dimension auf dem Weg in die Allianz Arena eine andere war. Welche Erfahrungen können Sie ihrem Kollegen mitgeben?

Schneider: Das ist etwas sehr Besonderes. Eine großartige Sache. Aber sie will schon auch bespielt werden. Da muss was passieren. Bei uns wurde ja vor einem Monat mit dem Ticketverkauf für die erste SAP-Garden-Saison 2024/25 begonnen und in diesen vier Wochen sind 2000 Tickets weggegangen. Wow! Auch ich werde inzwischen immer öfter von Leuten auf den Garden angesprochen. Das wird die nächste Stufe, nach 60 Jahren am alten Oberwiesenfeld. Die Vorfreude ist riesengroß. Und ich glaube, dass wir uns gut ergänzen werden.

„Bespielen“ bedeutet für Sie …?

Schneider: Für einen Stadionsprecher ist es im alten Olympia-Eistadion in etwa so, wie wenn eine Rockband in einem kleinen Club spielt. Du hast den Fan nahe bei dir, musst nur mit dem Auge zwinkern und hast eine Reaktion. Das wird im SAP Garden schon eine Nummer größer. Da muss mehr rund um das Spiel passieren. Unterhaltung, Entertainment – einige Leute werden nicht nur wegen des Sports allein kommen. Killian: Da wird an jedem der beteiligt ist, viel hängen. Puck ins Netz oder Ball in den Korb, das ist dann nur noch ein Part, wenngleich immer noch der Wichtigste. Bei unseren Spielen wird ja schon jetzt sehr viel drumherum geboten, doch im SAP Garden wird alles noch größer werden, noch spektakulärer. Auch die Spieler selbst werden die Show künftig sicher noch mehr anheizen in dieser Superhalle, mit Gesten, mit ihrem Charakter. Auf uns werden ebenfalls Fragen zukommen: Spricht man die Leute in diesem neuen Ambiente anders an? Das ist ja auch eine Chance: Es werden viele Leute kommen, die vielleicht noch nie beim Eishockey oder Basketball waren. Und die dann am Ende hier rausgehen und sagen: wow! Das ist Werbung für unsere Sportarten. Schneider: Und der Münchner kriegt es jetzt schon mit, weil es so zentral ist. Das ist auch anders als damals beim Fußball an der Deponie draußen, in Fröttmaning. Das war außerhalb der Stadt, jetzt sind wir mittendrin.

Wenn man das Rampensau-Gen in sich trägt wie vermutlich Sie beide – macht es einen Unterschied, ob man vor 5000 oder vor 10 000 Menschen arbeitet?

Schneider: Das Rampensau-Gen musst du haben. Sonst stellst du dich da nicht raus. Die Kollegen, die dich freiwillig vertreten würden, wenn du mal krank wärst, sind sehr dünn gesät. Die meisten sagen: „Spinnst du? Da gehe ich nicht hin.“

Killian: Ehrlicherweise … ich habe mehr ein Problem vor 50 Leuten. Oder im Kino. Da habe ich mehr Probleme, als ich je im Audi Dome hatte. Schneider: Richtig. Weil es persönlicher ist. Intensiver. Dagegen spreche bei einem Eishockeyspiel mit einer Masse. Und da ist es eigentlich komplett egal, ob da 6000 stehen oder 12 000.

Um den Fan anzusprechen – muss man dafür selbst einer sein?

Schneider: Unbedingt. Das hilft sehr. Das kostet bei mir zwar mal den einen oder anderen Euro, denn wir sind ja von der Liga angehalten, dass wir da unten nicht jene sind, die am lautesten jubeln. In der Früh, wenn du aufstehst, muss dein erster Gedanke sein: Geil, ich spiele heute Halbfinale gegen Mannheim. Wenn es dir da nicht schon in den Socken brennt, dann brauchst du in keine Halle gehen. Fan sein ist Grundvoraussetzung. Ich habe mich schon oft dabei ertappt, wie ich sage: „Wow, ich bin mit drei unterschiedlichen Eishockey-Clubs insgesamt sechs Mal deutscher Meister geworden.“ Wie der Fan in der Kurve.

Killian: Anders geht es nicht. Meine Frau könnte einige Geschichten erzählen, zu was ich am Spieltag zu gebrauchen bin. Das ist sehr rar gesät. Aber das muss so sein. Wie sollst du Leute begeistern, wenn du selber nicht dafür brennst. Du musst dein letztes Hemd geben. Ganz egal ob es in der Königsklasse ist oder gegen den Letzten in der Liga.

Nichts gegen den Mitteldeutschen BC oder Iserlohn – wie macht sich der Stadionsprecher für solche Spiele heiß?

Killian: Genauso wie für jedes andere Spiel. der einzige Unterschied ist vielleicht, dass ich mir nicht serbische Sätze für die Begrüßung einlernen muss. Es ist am Ende nichts wirklich anderes. Die Mannschaft braucht dich vielleicht und dann musst du da sein. Oder es gibt Spiele, die einfach von selbst funktionieren, dann kannst du dich zurücknehmen. Oder es kommt Partizan Belgrad und stellt die Hälfte der Zuschauer – dann ist es wieder eine andere Herausforderung.

Und nun sprechen Sie von neuem Publikum. Auch kein Selbstläufer.

Killian: Klar. Es ist möglich, dass sich die Leute erst mal umschauen. Es kann aber auch eine ganz besondere Dynamik bekommen. Es wird spannend. Wir kommen jetzt beide aus Hallen, wo es heimelig ist. Wo du eine ganz besondere Atmosphäre hast. Das musst du hier rübertransportieren.

Schneider: Aktuell haben wir beide die Fans auf den Stehplätzen, das ist unsere Versicherung als Stadionsprecher. Gut, jetzt wird vieles neu, die neue Arena klingt anders, reagiert anders. Auch wir werden uns, wenn wir die neuen Zuschauer hier auf die ersten Spiele vorbereiten, orientieren müssen. Aber wir haben den großen Vorteil, dass uns die Halle alle Möglichkeiten gibt. Wenn du dann 11 000 Mann einfangen kannst, dann hast du mächtig gewonnen. Das ist Arbeit, aber da wächst man schnell rein. Das habe ich in der Allianz Arena auch gemerkt … in zwei, drei Spielen bist du reingewachsen. Aber für die Leute wird es groß, weil es so etwas Modernes nie gab. Ich glaube, unsere Fans lieben ihre alte Halle. Ich nenne sie, mit Verlaub, unsere geliebte Bruchbude. Jetzt geht es in eine neue Dimension. Und das ist eine Riesenchance für unsere Sportart.

Killian: München hat eine Chance, eine richtige Sportstadt zu werden.

Der Basketball bleibt der alten Heimat zunächst ja auch treu. Wird das Hallen-Hopping eine eigene Herausforderung?

Killian: Ich finde das total schön. Auf der einen Seite unser Wohnzimmer, der BMW Park, in dem man alles kennt und wo wir vor allem gemütliche, sehr stimmungsvolle Familienspieltage haben. Und dann hast du auf der anderen Seite im Garden die Highlights wie gegen Fenerbahce, Panathinaikos & Co., wo du ganz Europa zeigen kannst, wo der Hammer hängt. Das ist doch großartig.

Schneider: Das wird bei uns natürlich anders. Aber das macht die nächsten Monate speziell, weil wir jetzt diesen Abschied haben. Hier im SAP Garden werden sie die letzten Lampen rein schrauben, während wir uns drüben mit einer Träne und einem Dankeschön für 60 besondere Jahre verabschieden.

Wie abhängig sind Sie bei den Dingen, die nun kommen werden vom sportlichen Erfolg?

Killian: Ach, der Münchner ist Freud und Leid gewöhnt. Manchmal hast du unfassbar knappe Niederlagen oder große Klatschen, an die du dich lange erinnerst. Am Ende ist es das Gesamtpaket, um das es geht. Das Erlebnis.

Schneider: Eine alte Stadionsprecher-Weisheit sagt: Wenn die Mannschaft 5:0 vorne ist, kann es jeder.

Killlian: (lacht) Das stimmt.

Schneider: Du lebst natürlich vom Sport, die Leute kommen ja wegen des Spiels. Es geht natürlich leichter von der Hand, wenn die Mannschaft führt, wenn du am Ende einen Sieg feiern kannst. Aber wenn du die Stimmung auch bei einer knappen Niederlage einigermaßen halten kannst, dann hast du deinen Job gut gemacht. Du musst halt 100 Prozent vorbereitet und konzentriert sein. Da ist es übrigens auch egal, ob es gegen den Letzten geht oder den Tabellenführer.

Gibt es trotz aller Konzentration Raum für Peinlichkeiten?

Schneider: Den gibt es, klar. Auch wenn sich das zum Glück in Grenzen hält. In dreißig Jahren hatte ich zwei, drei berühmte Versprecher.

Killian: Ich hatte mal den Real Madrid-FC Barcelona-Versprecher. Ich spreche ja kein Spanisch und ich hatte den Zettel vor mir. Aber der Kopf macht ja manchmal Sachen. Und dann habe ich den falschen Verein begrüßt.

Schneider: Und das ist böse, oder?

Killian: Ich sage mal so: Da ging ein Uuuuh durch die Menge.

Schneider: Früher, als ich auch noch Stadionsprecher bei den Löwen war, kam es immer wieder mal vor, dass ich am selben Tag sowohl Eishockey als auch Fußball moderiert habe. Das war dann wirklich herausfordernd. Ich erinnere mich an einen Tag, da ging es dann beim Fußballspiel in der Allianz Arena ziemlich zur Sache, mehrere Leute haben gleichzeitig auf mich eingeredet. Dann sind auch noch Dinge von der Tribüne auf den Rasen geflogen. Der Schiedsrichter bat mich eine Durchsage zu machen, dass die Zuschauer keine Gegenstände werfen sollen. Was mache ich? Ich sage: „Meine Damen und Herren, bitte werfen Sie keine Gegenstände auf die Eisfläche…“ Bei 28 Grad, in der Allianz Arena.

Zum Abschluss: Wagen Sie eine Wette? Wer wird als erster Meister?

Schneider: Da lassen wir uns was einfallen. Ich habe da schon eine Idee (lacht).

Killian: Nein, ganz klar Eishockey. Weil die Saison früher endet.

Schneider: (lacht) Nur deshalb, klar.

Interview: Patrick Reichelt

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