Es sind die besonderen Momente, wenn Levi auf dem Spielplatz rumspringt und sagt, dass er gerade auf dem Surfboard steht. Levi ist der Sohn von Kitesurferin Leonie Meyer und hat eine seltene Unterschenkelfehlbildung. Letztes Jahr wurde er zweimal bei Spezialisten in Amerika operiert, ein Fixateur wurde eingesetzt. Dieses Jahr folgte die dritte Operation in Deutschland.
„Ich bin besonders stolz, wie er mit dem Fixateur trotzdem so ein glückliches Kind und ein Sonnenschein ist“, sagt Meyer: „Er ist ein absolutes Vorbild, total bewegungsaffin. Er fährt auch Roller oder hängt im Klettergerüst, da sind immer alle total aus dem Häuschen.“
Im Mai 2021 kam Levi zur Welt, im Oktober 2021 schloss Meyer ihr zweites Staatsexamen im Medizinstudium ab. Die Sportlerin, die die meiste Zeit des Jahres im Van unterwegs ist und auch lebt, arbeitete die Wochenenden durch. 800 Stunden lernen für das Studium, daneben Leistungssport und Familie.
„Natürlich ist es manchmal einfach zu viel. Definitiv“, sagt die 30-Jährige. „Es gibt immer mal Momente, in denen alles auf einen einstürzt, in denen man einfach weint.“ Während der vier Monate in Amerika mit Levi konnte Meyer nicht ansatzweise so viel trainieren wie ihre Konkurrenz. Zudem ist sie aktuell auch noch auf Trainersuche. Den Wiedereinstieg hatte sie sich leichter vorgestellt: „Das Niveau ist noch mal ordentlich angestiegen. Es ist brutal schwer, da wieder reinzukommen.“
Bei den Weltcups in Palma und Hyeres landete sie in diesem Jahr auf den Plätzen zwölf und 13. Kein Weltuntergang, das weiß sie selbst. Aber das Ziel ist die Qualifikation für die Olympischen Spiele. Bei der Weltmeisterschaft im August möchte Meyer das Ticket für Deutschland lösen.
Unterstützung gibt es vom Deutschen Segler-Verband, der junge Eltern mit Olympia-Ambitionen finanziell fördert. „Das ist ziemlich einzigartig“, sagt Meyer: „Ich glaube, in Deutschland gibt es das sonst bei keinem Verband. Definitiv ein wahnsinniger Schritt nach vorne.“
Nachholbedarf gibt es natürlich weiterhin. Besonders beim Thema Kaderstatus. „Man fällt sofort aus dem Raster, wenn man nach der Geburt nicht sofort die Leistung zeigt wie vorher.“ Und erhält somit auch keine Förderung mehr. Meyer hofft, dass der Deutsche Olympische Sportbund schwangeren Athletinnen entgegenkommt und mehr Zeit gibt, den Kaderstatus nach der Geburt zu bestätigen. „Bei mir waren das fünf Monate und das ist ganz klar nicht genug.“
NICO-MARIUS SCHMITZ