Berlin – Er ist schneller als Usain Bolt, er ist der schnellste Mann der Welt. Doch niemand kennt ihn. „Ich kann mein Gesicht nicht zeigen. Ich bin ein stolzer Enhanced Athlete („verbesserter Athlet“, d. Red.). Die Olympischen Spiele hassen mich“, sagt ein Sprinter in einem Video auf Twitter, in dem er behauptet, den 100-Meter-Weltrekord der jamaikanischen Legende gebrochen zu haben.
Wer ihn sehen will, muss die Enhanced Games 2024 verfolgen – die selbsternannte „Alternative“ zu den Olympischen Spielen, die komplett auf Dopingtests verzichten will. „Helft mir, mich zu zeigen. Helft mir, den Hass zu stoppen. Ich brauche eure Hilfe, damit die Welt die Wissenschaft annimmt“, sagt der Sprinter weiter.
Helfen will ihm und anderen Dopern vor allem der australische Unternehmer Aron D’Souza. Welche Rekorde wären im Sport möglich, wenn alle Athleten leistungssteigernde Medikamente einnähmen? Dieser Frage will der Präsident der Enhanced Games mithilfe seiner Sportveranstaltung nachgehen.
Athletinnen und Athleten sollen in fünf verschiedenen Disziplinen gegeneinander antreten: Leichtathletik, Schwimmen, Gewichtheben, Turnen und Kampfsport. Dopingkontrollen soll es laut der Website der Spiele nicht geben, eine erste Austragung ist für Dezember 2024 in den USA geplant. Doch ist es realistisch, dass sich genügend Sportler für die Wettkämpfe finden? „Nein, ich denke nicht. Es gibt bestimmt einige Verrückte, die das mit sich machen lassen. Aber wenn man olympischen Sport betreibt, kann man das nicht mal eben ausprobieren und dann zurückkehren“, sagte Judoka Igor Wandtke.
Der Bronzemedaillengewinner von Tokio findet die Idee der Spiele insgesamt „verwerflich“, da die geforderten Leistungen auf Kosten der Gesundheit gingen. Auch Speerwerfer Julian Weber sagte zu Sport1, das Konzept habe keine Zukunft.
Das wird D’Souza herzlich egal sein. Der Geschäftsmann will zeigen, was der Mensch in Zusammenarbeit mit der Wissenschaft alles leisten kann. Höher, schneller, weiter soll es gehen. „Menschen, die erwachsen sind und ihre freie und informierte Zustimmung gegeben haben, sollten mit ihrem Körper machen können, was sie wollen“, sagte D’Souza dem Guardian.
Die Enhanced Games verstehen sich dabei als Opposition zum Internationalen Olympischen Komitee (IOC) und den Olympischen Spielen, die Ringe-Organisation um Präsident Thomas Bach beschrieb D’Souza als „mafia-ähnlich“. Die Enhanced Games seien „bereit für einen Kampf“ gegen das IOC: „Ich weiß, dass sie schmutzig spielen werden. Ich weiß, dass sie uns drohen werden. Aber letztendlich wissen wir, dass wir moralisch korrekt sind“, sagte der Australier. Aber ist es moralisch korrekt, durch gezieltes Doping gesundheitliche Langzeitfolgen zu riskieren? Nein, sagte Sportmediziner Wilhelm Bloch, „medizinethisch ist das nicht verantwortbar.“ Denn Risiken und Nebenwirkungen seien „praktisch nicht abschätzbar“. sid