Chaos im deutschen Volleyball

Probleme, wohin man nur blickt

von Redaktion

PATRICK REICHELT

Nun kam es also, wie es wohl kommen musste. Nach einer langen Freitag-Nacht warf die Führung des Deutschen Volleyball Verbandes (fast) geschlossen das Handtuch. Präsident René Hecht und drei seiner „Vizes“ sowie Vorstand Julia Frauendorf verkündeten ihren Abschied vom Verband. Es war das erwartbare Ende einer zunehmend massiveren Fehde zwischen dem Verband und seinen Landesfürsten, die Hecht & Co. notfalls auch mit Gewalt aus dem Amt holen wollten.

Und es ist zunächst einmal fast schon nebensächlich, warum es denn bei den Volleyballern diesmal zum großen Knall kam. Fakt ist: Ein Jahr vor Olympia – in einer Zeit also, in der im Sport ziemlich viele Weichen für die Zukunft gestellt werden – demontiert sich der deutsche Volleyball wieder einmal selbst. Der Verlust der sportlichen Kompetenz in Gestalt der beiden Sportdirektoren Niclas Hildebrand (Beach) und Christian Dünnes (Halle) in den vergangenen Monaten war da schon ein Vorbote. Nun also der ganz große Umbruch.

Dabei kann man der Führung um den einstigen Mr. Volleyball René Hecht zumindest Ideen und guten Willen gar nicht absprechen. Seit er 2018 übernahm – natürlich nach einem Komplettrücktritt seiner Vorgänger – hat der Rekord-Nationalspieler viele Dinge angestoßen, um den Verband zu modernisieren und professionalisieren. Doch Hecht & Co. haben es nicht verstanden, die Basis in diesen Prozess mitzunehmen. Vor allem die forsche Vorständin Julia Frauendorf, im Hintergrund teilweise bedingt schmeichelhaft als „eiskalter Engel“ bezeichnet, stieß nicht nur Traditionalisten in der Sportart vor den Kopf.

Was sich vor allem deshalb als verhängnisvoll erwies, weil der Sport als Argument fehlte. Im Sand taumelt man abgesehen vom Männer-Duo Ehlers/Wickler noch ein bisschen zu weit hinter dem Goldrausch-Gefühl der Spiele 2012 und 2016 hinterher. In der Halle verabschiedeten sich die Männer gerade mit überschaubaren drei Siegen aus der Nationen-Liga.

Vital Heynens Frauen ließen immerhin mit dem Viertelfinaleinzug dort zart hoffen. Zumal mit der EM im eigenen Land demnächst ein echtes Highlight folgt. Was auch für den dann vielleicht schon neu aufgestellten Deutschen Volleyball Verband eine Chance ist. Es könnte die vorerst letzte sein.

patrick.reichelt@ovb.net

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