Eine Erfolgsdisziplin unter Druck

von Redaktion

Beachvolleyballer kämpfen um den Anschluss – die Hoffnungen sind klein

München – Am frühen Sonntagabend war für Alexander Walkenhorst die Zeit der Charmeoffensive gekommen. „Wenn es euch gefallen hat“, sprach der Macher der German Beach Tour in die Runde, „dann bringt nächstes Jahr noch einen Freund oder eine Freundin mit.“

Dass die Botschaft auch ihn in Zugzwang bringen könnte, nimmt der 34-Jährige gerne mit. Beachvolleyball in München war schon jetzt ein kleines Erfolgsmodell. Knapp 4000 Tickets waren für die beiden zurückliegenden Wochenenden zu haben. 3650 wurden an den Fan gebracht. Was vom ersten Anlauf eines auf sechs Jahre angesetzten Neustarts der wichtigsten deutschen Turnierserie hängenbleibt sind volle Tribünen und viel Begeisterung. „Das hätte ich so nicht erwartet“, sagte Walkenhorst, „das macht schon Mut für den weiteren Weg.“

Dabei hatte Beachvolleyball in Deutschland schon längere Zeit nicht viel Gutes zu erzählen. Dem deutschen Verband (DVV) ist wie so vieles auch die einstige Erfolgsdisziplin entglitten. Erst ging die verbandseigene Vermarktungsagentur DVS pleite, dann musste der bei den Athleten bis heute sehr geschätzte Sportdirektor Niclas Hildebrand gehen und wurde wohl vor allem aus wirtschaftlichen Gründen nie ersetzt. Nicht zuletzt auch deshalb rumort es im Verband heute auf allen Ebenen.

Und sportlich? Ist man ein Jahr vor Olympia weit weg vom Glanz von 2012 und 2016, als die Strandvolleyballer die Goldenen Highlights der Spiele ablieferten. Nur zwei Duos, Clemens Wickler und Nils Ehlers wie Svenja Müller und Cinja Tillmann, mischen in der ersten Reihe mit. Dahinter ist derzeit nicht viel. Wenn überhaupt, dann traut Walkenhorst Laura Ludwig und der einstigen Mrs. Hallen-Volleyball Louisa Lippmann den Sprung nach Frankreich zu: „Weil sich Louisa zu einer sehr guten Beachvolleyballerin entwickeln kann.“

Wobei es schon viel über eine Disziplin aussagt, dass letztlich mal wieder eine Quereinsteigerin die Hoffnungsträgerin ist. Man muss sich nicht an den traditionell breit aufgestellten Großmächten wie Brasilien oder den USA messen. Doch auch Nationen wie Norwegen, die Schweiz oder die Niederlande haben den Deutschen mit langfristig angelegten Konzepten den Rang abgelaufen.

Vergleichbare Systematik sucht man in Deutschland vergebens. Konzepte haben keine Durchgängigkeit bis auf die Landesebene und vor allem haben sie eine ähnliche Konstanz wie die Bundestrainer. Zuletzt löste Ludwig-Ehemann Imornefe Bowes den, mit großen Vorschusslorbeeren geholten, Norweger Martin Engvik als Frauen-Bundestrainer ab. Auch die von Hildebrand angestoßene Zentralisierung war schnell aufgeweicht. Was auch Wolfgang Besenböck, Ex-Nationalspieler und oberste Instanz der Beachvolleyballer in Bayern begrüßt: „Welchen Vorteil soll es haben, wenn ich Sportler an einen Stützpunkt zwinge, wenn sie sich mit einem eigenen Weg besser fühlen?“ Zumal auch die historischen Erfolgsduos wie Brink/Reckermann und Ludwig/Walkenhorst eigenständige Unternehmen waren.

Auch Benedikt (22) und Jonas Sagstetter (24), am Sonntag Finalisten beim Turnier im Olympiapark, sehen das wohl so. Die beiden Münchner Hoffnungsträger siedeln in den Raum Bochum über, wo sie mit dem strengen Trainerveteran Hans Voigt arbeiten werden. Weil sich das Perspektivduo dem Traum von Olympia 2028 in der Konstellation näher fühlt. Nachvollziehbar – Voigt hat nicht zuletzt im Team von Laura Ludwig und Kira Walkenhorst gezeigt, dass er Olympia-Teilnehmer bauen kann. PATRICK REICHELT

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