Tuchel krempelt Bayern um

von Redaktion

Positionstreu, fit – und bitte fehlerlos: Der Coach will mehr als einen Titel

VON MANUEL BONKE UND PHILIPP KESSLER

Tokio – Ein ungenauer halbhoher Ball aus dem eigenen Sechzehner von Dayot Upamecano (24) in die Gefahrenzone brachte Thomas Tuchel (49) im Tokio-Testspiel gegen Manchester City zur Weißglut. Das signalisierte der Trainer des FC Bayern seinem Spieler deutlich, indem er in seiner Coaching-Zone wütend in die Luft sprang und die Szene mit einer abwinkenden Hand kommentierte. In der vergangenen Spielzeit kassierten die Münchner einige Gegentore durch solche individuellen Fehler – allen voran Upamecano. Der engagierte Auftritt an der Seitenlinie beim 1:2 im Testspiel gegen Manchester City in Tokio zeigte einmal mehr, dass Tuchel sich diese Saison viel vorgenommen hat – für sich persönlich, aber auch für die Mannschaft.

Eine weitere Saison mit „nur“ der Meisterschaft am Ende ist für den ehrgeizigen Fußballlehrer zu wenig – und dafür krempelt er seine Mannschaft um. „Ich habe mich in den letzten Tagen am Tegernsee und auch auf der Hinreise nach Japan intensiv unterhalten. Ich finde es toll, was er vor hat, wie er die Mannschaft sieht und was er denkt, wie er spielen lassen wird“, berichtet Präsident Herbert Hainer (69). Auf entsprechende Nachfrage, was Tuchel denn konkret ändern wolle, antwortete das Vereinsoberhaupt: „Er wird die Spielweise ein bisschen ändern. Er wird versuchen, attraktiven Fußball spielen zu lassen, und er wird versuchen, den FC Bayern wieder in der internationalen Spitze zu etablieren. So wie wir das von uns gewohnt sind. Da gibt es sicherlich Potential nach oben – und das will er heben.“

Der Taktik-Tüftler hat sich während der Sommerpause genau überlegt, wie er sein Team wieder zur gnadenlosen Dominanz coachen möchte. Ein entscheidender Punkt: Positionstreue! Die variable Spielweise von Vorgänger Julian Nagelsmann (37) brachte häufig Unordnung in die Münchner Staffelung, weil viele Positionen gewollt nicht klassisch interpretiert wurden. Ein Beispiel: Unter Nagelsmann rückte häufig der Rechtsverteidiger, meist Benjamin Pavard (27), in Ballbesitz ins Zentrum, während der Linksverteidiger, meist Alphonso Davies (22), als zusätzliche Offensivkraft nach vorne stürmte. Tuchel will nun wieder dafür sorgen, dass die Positionen besser gehalten werden.

Gerade im Mittelfeldzentrum herrschte regelmäßig Chaos. Gegen City war deutlich zu sehen, dass Mittelfeldchef Joshua Kimmich (28) und Neuzugang Konrad Laimer (26) bemüht waren, ihre Positionen im 4-2-3-1-System zu halten. Auf diese bewährten bayerischen Grundordnung möchte Tuchel in dieser Spielzeit hauptsächlich setzen. „Nach dem Trainer-Wechsel ist es taktisch ein wenig anders. Wir haben jetzt in der Vorbereitung Zeit, auf Details einzugehen“, sagte Jamal Musiala (20): „Wir versuchen, die Abläufe und unsere Positionierung reinzubekommen.“

Aber nicht nur auf, sondern auch neben dem Platz hat Tuchel schon an Stellschrauben gedreht. In Performance-Manager Nicolas Mayer (41) hat Tuchel bereits einen weiteren Vertrauten installiert. Fitnesschef Holger Broich (48) bekommt also Unterstützung. Weil die Mannschaft nach der WM in Katar in ein Fitness-Loch fiel? Fakt ist: Nach der enttäuschenden Restrunde wurde von Tuchel in den vergangenen Wochen jeder Stein umgedreht. „Ich bin absolut überzeugt und ein Fan von Thomas Tuchel“, sagt Hainer zuversichtlich.

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