Bei den Schwimm-Weltmeisterschaften in Japan hat Leonie Beck abgeräumt. Im Freiwasser gab es Gold über die fünf und zehn Kilometer für die gebürtige Augsburgerin. Im Interview mit unserer Zeitung spricht die 26-Jährige über Anstrengungen für das Immunsystem, Kämpfe im Wasser und Späße in der Trainingsgruppe.
Leonie Beck, Sie sind Doppel-Weltmeisterin. Wie schön klingt das auch noch mit etwas Abstand zur WM in Japan?
Es ist was ganz Besonderes. Mit Deutschland haben wir Geschichte geschrieben bei dieser Weltmeisterschaft. Mir war es sehr wichtig, mich für Olympia zu qualifizieren. Dass ich zweimal gewinne, damit habe ich überhaupt nicht gerechnet. Das ist ein wahnsinnig schönes Gefühl. Bei der WM war so viel los, man musste sich gleich wieder auf den nächsten Start konzentrieren. Ich habe tausende Nachrichten bekommen, das war schon cool. Es war schön, dass so viele mitgefiebert haben. In Japan konnte ich das noch nicht alles realisieren, jetzt kommt es so langsam. So was erlebt man ja nicht jeden Tag. Daher wird es noch etwas dauern, bis ich es komplett realisiert habe.
Haben Sie im Vorfeld mit Medaillen gerechnet?
Jedes Rennen ist anders, in jedem Rennen kann alles passieren. Man kann auch nach sieben oder acht Kilometern plötzlich komplett durch sein. Das Freiwasserschwimmen ist unvorhersehbar. Man muss über zwei Stunden durchziehen. Daher kann man auch nie mit einer Medaille rechnen, oder sie sogar planen.
Nach Gold über zehn Kilometer folgte noch Gold über fünf Kilometer. Sie sagten, damit hätten Sie überhaupt nicht gerechnet.
Auf keinen Fall. Es waren ja auch viele ausgeruhte Athleten im Feld. Nach den zehn Kilometern ist man nicht nur körperlich, sondern auch mental sehr kaputt. Wenn du den Höhepunkt geschafft hast, fällt eine Last ab. Du trainierst das ganze Jahr, im Prinzip das ganze Leben dafür. Danach sackt man erstmal in sich zusammen, wenn man das Rennen geschafft hat. Oft wird man danach auch krank, bekommt eine Erkältung, weil es auch für den Kopf so anstrengend ist. Danach bricht das Immunsystem oft zusammen. Ich konnte die fünf Kilometer dann aber mit einem ruhigen Gewissen angehen, ich habe mir überhaupt kein Stress gemacht.
Sie haben ein Bild geteilt, dass Sie mit einigen Blessuren im Gesicht nach dem Rennen zeigt. Muss man sich daran noch gewöhnen oder ist das im Freiwasser normal?
Das ist ganz normal. Es gibt ein paar, die kämpfen ein bisschen mehr. Ich gehe immer aus den Kämpfen raus und versuche, meine Energie zu sparen. Es ist ja Schwimmen und kein Boxen (lacht). Es kann immer mal passieren, dass man einen Ellbogen abbekommt oder an der Boje runtergedrückt wird. Das gehört dazu, in dem Sinne ist es wie eine Kontaktsportart. Im gesunden Rahmen muss man da an sich selbst denken, aber natürlich immer fair bleiben.
Aktuell sind Sie wieder in Italien bei Ihrer Trainingsgruppe. Wie wichtig ist Ihnen ein Trainingsstandort, an dem Sie sich wohlfühlen?
Das ist mir sehr wichtig. Ich war es aus Würzburg gewohnt, daheim mit meiner Trainingsgruppe immer Späße zu haben. Die Trainingsgruppe ist wie meine Familie. Hier in Italien ist das Training natürlich auch sehr hart, aber die Gruppe ist locker drauf, wir verstehen uns super und ziehen uns auch mal auf. Es heißt ja: Geteiltes Leid ist halbes Leid. Der Schwimmsport ist hart, ich brauche meinen Spaß und meine Witze. Dann steht man das auch besser durch.
Ist nach der Weltmeisterschaft dann jetzt erst mal Erholung angesagt?
Wir haben noch den Weltcup in Paris in eineinhalb Wochen. Für den Kopf ist es aber wichtig, dass man auch entspannt, wenn man mal eine Pause braucht und nicht direkt wieder draufhaut. Deshalb ist das Training noch angepasst, und wir haben nicht direkt eine 100-Kilometer-Woche. Nach Paris geht es dann in die Sommerpause.
Interview: Nico-Marius Schultz