Mbappé sagt Saudis ab

Verzicht – der wahre Luxus

von Redaktion

GÜNTER KLEIN

Man ist geneigt, Kylian Mbappé zu feiern. Dafür, dass er nicht zu Al-Irgendwas in die saudi-arabische Liga geht, Ja, sogar schon dafür, dass er ein Gespräch mit Gesandten des interessierten Clubs abgelehnt hat. Wahrscheinlich ist das Ersticken einer Versuchung im Keim die einzige Möglichkeit, sich nicht von ihr verrückt machen zu lassen. 700 Millionen Euro Gehalt für ein Jahr und danach ablösefrei weiterziehen können – allein die Vorstellung muss einen fertigmachen.

Von dem Geld könnte er sich seinen Noch-Paris-Kollegen Neymar (der mit dem berühmten Preisschild von 222 Mio.) kaufen – und hätte immer noch 478 Millionen übrig. Soll er ihn dafür als üppig dotierten Hausdiener einstellen?

Überhaupt: Wie ginge man in ein Gespräch, in dem 700 Millionen von vorneherein auf dem Tisch liegen? Das schafft nur unangenehme Situationen. Als Fußballprofi kann man nicht einfach okay sagen. Entgegnet man also keck: „800 plus Tor-, Vorlagen- und Meisterprämie – sonst vergeuden wir hier unsere Zeit“? Und wenn die Saudis zustimmen, belohnt man das mit einem dankbaren „Aber dafür übernehme ich die heutige Restaurant-Rechnung“? Und man muss auch ja über den vergoldeten Rand des Tellers hinausblicken: Kylian Mbappé müsste sich bei dem Club, der danach kommt und ein europäischer sein wird, viel weniger wertgeschätzt fühlen, wenn dieser nur im Vergleich läppische 200 bis 300 Millionen lockerzumachen bereit ist. Die neuen Mitspieler würden höhnen: „Ab-stei-ger, Ab-stei-ger“.

Denkbar auch, dass Mbappé Paris Saint-Germain einen reindrücken wollte. PSG soll nicht einfach 300 Millionen Ablöse kassieren dürfen dafür, dass es ihn derzeit in der Trainingsgruppe 2 versenkt. So behandelt ein französischer Verein – auch wenn er aufgrund seiner Besitzverhältnisse ein katarischer ist – einen französischen Weltmeister (2018) und WM-Torschützenkönig (2022) nicht. Botschaft: Jetzt lasst mich zu vernünftigen Konditionen zu Real Madrid gehen, die waren, sind und bleiben einfach größer als ihr.

Vielleicht ist Kylian Mbappé aber auch einfach ein von der Vernunft geleiteter Mensch, der sich denkt: Mit Mitte zwanzig in eine Operettenliga zu wechseln, das ist schlecht für die sportliche Glaubwürdigkeit, verschafft mir das Image des Geldsacks, und zum Leben habe ich auch woanders genug. Folgend dem guten alten Uwe-Seeler-Prinzip, dass man pro Tag nicht mehr als ein Steak essen werde – mittlerweile wär’s im Fußball halt ein von Salt Bae zubereitetes mit Goldbeflockung.

Man muss nicht alles machen, was man machen könnte – Verzicht ist der wahre Luxus. Kylian Mbappé ist in der Lage, ihn sich zu gönnen.

Guenter.Klein@ovb.net

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