Auf den Spuren des Weltmeister-Papas

von Redaktion

Der Münchner Ivan Kharchenkov führte die deutschen U18-Basketballer ins EM-Halbfinale

VON PATRICK REICHELT

München – Acht Minuten vor dem Ende des EM-Viertelfinales gegen Griechenland hat sich Ivan Kharchenkov ein bisschen selbst in Bedrängnis gebracht. Das Basketball-Juwel des FC Bayern handelte sich sein viertes Foul ein. Sicherheitshalber nahm der deutsche U18-Trainer Christian Held ihn vom Feld. Wenn auch nur kurz, drei Minuten lang. Weil der Coach nur zu genau wusste, dass der deutsche Erfolgsrausch bei diesen Titelkämpfen in Nis stark mit Kharchenkov verbunden ist.

18,4 Punkte sammelte der Münchner Forward in den fünf Turnierspielen ein. Man ahnt: Auch am Samstagabend (20.30 Uhr) wird Kharchenkov, gerade erst 16 Jahre alt, wieder im Blickpunkt stehen wenn sich die deutsche Mannschaft im Halbfinale an Gastgeber Serbien versucht.

Wobei die Gala in Nis nicht unbedingt überraschend kommt. Kharchenkov hat sich auch bei den Bayern schon ins Blickfeld der Profis gespielt. Bei einigen Kurzauftritten in der abgelaufenen Saison mauserte er sich zum jüngsten Scorer in der Historie der BBL. Auch Neu-Coach Pablo Laso wird den Youngster mit in seinen kräftig aufgerüsteten Kader nehmen.

Das ist eine große Herausforderung, aber die liegen bei ihm ja in der Familie. Papa Alexander Kharchenkov spielte einst für den sowjetischen Vorzeigeclub ZSKA Moskau, brachte es 1974 mit der Sowjetunion sogar zum Weltmeister. Ehe er sich in den späten Karrierejahren an kleinen Engagements in Deutschland versuchte. Gut für die Bayern – Sohn Ivan wurde in Moskau geboren, doch die Familie wurde in Deutschland heimisch.

Wahrscheinlich hätte der 1,98 Meter lange Junior auch gut und gerne ein respektabler Fußballer oder Schwimmer werden können – großes Talent bescheinigte man ihm in beiden Lagern. Doch Ivan Kharchenkov wollte Basketball. „Es war bei mir so, dass ich Basketball gespielt habe, oder mir war langweilig“, sagte er. Auch wenn die Anfänge als Sportpendler von Landsberg zu Jahn München (ca. 70 km) ihre Härten hatten. Doch ihn störte das nicht. Ihn faszinierte, wenn er mit dem zwei Meter langen Vater in die Hallen kam und der sofort rund um bekannt war. „Da habe ich mir gedacht: Ich will auch, dass man mich kennt.“

Argumente dafür sammelte er schnell. Wobei es der Sache sicher diente, dass er als einer der wenigen Nicht-Fußballer ins Nachwuchszentrum im Bayern-Campus einziehen durfte. Dort machte er sich jedenfalls so gut, dass man ihn mit 15 schon einmal in die zweite Mannschaft in der Pro B aufnahm. Und wer weiß, vielleicht hätte er auch in der Profi-Mannschaft schon eine noch größere Rolle spielen können. Doch in der abgelaufenen Saison bremsten ihn mehrere Verletzungen aus. Fast fünf Monate musste Kharchenkov kürzer treten. Als es wieder ging, holte ihn Chefcoach Andrea Trinchieri trotzdem in die Erste, die die BBL-Hauptrunde austrudeln ließ. In der hitzigen Göttinger Arena durfte sich der Youngster sogar als Starter versuchen – und bedankte sich mit drei Dreiern und stattlichen 13 Punkten. Man ahnt: Die BBL wird Kharchenkov schon bald wieder sehen.

Doch erst einmal heißt sein Alltag EM. Fünf Siege hat die deutsche Mannschaft in Nis schon in der Tasche. Klappt es am Wochenende mit einem sechsten, dann ist die Medaille gesichert. Und deutsches Edelmetall gab es bei der U18-EM noch nie.

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