Droht die nächste Tragödie?

von Redaktion

FORMEL 1  In Spa soll es wieder viel regnen – die Sicherheitsdiskussion ist entbrannt

Spa-Francorchamps – Im Dauerregen von Spa hockte Formel-1-Pilot Pierre Gasly mit geschlossenen Augen am Streckenrand und trauerte. Ein tropfnasser Blumenstrauß vor ihm sollte an zwei junge Rennfahrer erinnern, die in jüngster Zeit ihr Leben an dieser Stelle verloren hatten. Die Szenerie unter dem bleigrauen Himmel in den Ardennen führte direkt weiter ins Herz einer Debatte um die Sicherheit beim Grand Prix von Belgien, dem schon wieder ein Regenchaos droht. Der Weltverband Fia habe „eine große Verantwortung“, mahnte Mercedes-Pilot George Russell als Sprecher der Fahrer-Gewerkschaft.

Erst vor knapp vier Wochen war der 18 Jahre alte Niederländer Dilano van‘t Hoff bei einem Unfall auf nasser Strecke bei einem Nachwuchsrennen in Spa gestorben. Er hatte die Kontrolle über verloren und sich gedreht, ein anderer Pilot knallte mit hohem Tempo in den Boliden. Das Geschehen erinnerte auf schockierende Weise an den Tod des französischen Formel-2-Fahrers Anthoine Hubert im Jahr 2019. Er habe in Spa „die schlimmsten Emotionen meines Lebens“ erfahren, sagte Huberts enger Freund Gasly.

Zugleich steht der Franzose für die widersprüchlichen Gefühle im Fahrerlager. Für den Alpine-Piloten ist Spa wie für viele Kollegen eine der Lieblingsstrecken im Kalender, weil der sieben Kilometer lange Kurs zu den größten Herausforderungen gehört. Im Regen allerdings wird aus Spaß oft Unbehagen, bisweilen Angst. „Jeder will Rennen fahren, aber wenn man mit 320 Stundenkilometern die Gerade entlangrast und keine 50 Meter weit sehen kann, wird es schwere Vorfälle geben“, sagte der Brite Russell.

Die Vorhersagen für das Wochenende lassen eine Wiederholung der Farce von 2021 fürchten. Damals wurde der Grand Prix am Sonntag Stunde um Stunde wegen Regens verschoben und dann nach zwei Runden hinter dem Safety-Car abgebrochen. Max Verstappen bekam den Sieg zugesprochen. Die Zwickmühle des Rennleiters: ins Risiko gehen und Rennen fahren oder auf Sicherheit setzen und die zahlenden Fans enttäuschen?

Durch die neue Generation der schwereren Autos mit breiteren Reifen wird das Rennfahren im Regen durch die Gischt des Vordermanns zum Blindflug. „Wir übertreiben nicht, wenn wir sagen, dass wir gar nichts sehen“, sagte Ferrari-Star Charles Leclerc.

Das zu ändern wird schwierig. aber die gefährlichsten Abschnitte in Spa könnte man überarbeiten. In der Kemmel-Geraden nach der Eau Rouge sollten die Streckenbegrenzungen nicht mehr so dicht am Rand stehen, forderte Leclerc. Dies erhöhe das Risiko, dass Fahrer nach einem Einschlag mit dem Rennwagen zurück auf die Fahrbahn rutschten und von nachfolgenden Autos getroffen würden. Viel erwartet sich WM-Spitzenreiter Verstappen von solchen Umbauten nicht. „Es gibt immer Dinge, die man besser machen kann. Aber wir fahren auch in Monaco. Und ich denke, dass es dort viel gefährlicher ist als hier“, sagte der Red-Bull-Pilot. Unfälle seien Teil des Motorsports. Dass ausgerechnet in Spa zuletzt zwei Tote zu beklagen waren, sei ein unglücklicher Zufall.

Auch Lewis Hamilton gab sich unbeeindruckt. „Ich vertraue der FIA. Wir wären nicht hier, wenn sie es für unsicher halten würden“, sagte der 38-Jährige. Und Verstappens Teamgefährte Sergio Perez stellte nüchtern fest: „Wir sind in der Hand des Renndirektors.“  dpa

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