München – Der Präsident des FC Bayern hat wieder deutschen Boden unter den Füßen. Während die Mannschaft gestern von Tokio weiter nach Singapur flog, reiste Herbert Hainer (69) zurück nach München. Im Interview mit unserer Zeitung spricht er über seine Erfahrungen.
Herr Hainer, wie fällt Ihr Japan-Fazit aus?
Wir sind sehr herzlich aufgenommen worden. Es ist einfach schön zu sehen, wie viel Sympathie dem FC Bayern in diesem Land entgegengebracht wird. Bei den Spielen, bei den Trainingseinheiten, vor dem Hotel: Überall standen Fans in Bayern-Trikots und haben der Mannschaft zugejubelt. Ein anderes Beispiel: Yuriko Koike, die Gouverneurin der Präfektur Tokio, hat das sonst eher strenge Protokoll beim Empfang für uns aufgeweicht. Eigentlich verlässt sie nach dem offiziellen Ende sofort den Raum, weil schon der nächste Termin ansteht. Aber sie blieb länger, wollte sich noch mit uns über die gesellschaftliche Bedeutung von Sport und über den FC Bayern unterhalten, und sie wusste auch viel über unseren Verein. Das war eine große Ehre.
Hinter den Spielern liegen ebenfalls intensive Tage.
Natürlich ist es intensiv und auch anstrengend für die Spieler. Aber sie haben in der wenigen Zeit zwischen Spielen und Trainingseinheiten auf solchen Reisen auch ein bisschen die Gelegenheit, andere Kulturen und Menschen kennenzulernen.
Trotzdem ist noch kein anderer Club auf die Idee gekommen, eine solche Reise zu unternehmen.
Das muss man sicherlich von Club zu Club individuell betrachten. Ich gebe Ihnen ein Beispiel: Frankfurt hat mit dem japanischen Erstliga-Club Urawa Red Diamonds eine Partnerschaft – und mit Makoto Hasebe spielt seit fast zehn Jahren ein Japaner bei der Eintracht. Also ging es im vergangenen Winter nach Japan. Andere Bundesligisten hätten meiner Meinung nach auch Anknüpfungspunkte für mehr Präsenz im internationalen Bereich. Egal, ob es sich um ausländische Spieler, Sponsoren oder anderweitige Beziehungen handelt. Da passiert nach meinem Dafürhalten zu wenig. Es kann nicht sein, dass nur Bayern und Dortmund die Bundesliga in die Welt tragen.
Woran liegt das?
Christian Seifert hat in seiner Zeit als DFL-Chef äußerst lukrative Fernsehverträge ausgehandelt, danach wurde die Auslandsvermarktung nicht gepusht wie nötig, sie lief irgendwie nebenbei. Doch jetzt stagnieren die TV-Einnahmen – und wir kriegen etwa für den chinesischen Markt keinen Cent mehr. Das ist nicht zufriedenstellend.
Könnte die DFL nicht ein Paket schnüren, dass die Vereine verpflichtet, in einem gewissen Rahmen Auslandsreisen durchzuführen?
Aktuell wird an solchen Plänen gearbeitet, es gibt gute Ansätze. Die kommen zwar spät, aber: besser spät als nie. Trotzdem es ist einmal mehr ein Beweis, dass das Thema Auslandspräsenz zu lange stiefmütterlich behandelt wurde. Darum haben wir das selbst in die Hand genommen. Der FC Bayern ist durch seine Verbindungen in die Welt natürlich in der Lage, so eine Tour eigenständig zu organisieren. Gemeinsame Bemühungen, ausgehend von der DFL, wären ein wertvoller nächster Schritt.
Muss man einen Verein anders führen als einen Weltkonzern wie Adidas?
Sicherlich gibt es da Unterschiede, allein schon, weil es in einem Verein viel emotionaler zugeht und das Tagesgeschäft das Geschehen diktiert. Wenn der FC Bayern ein Spiel verliert, diskutiert gefühlt gleich die ganze Republik über die Hintergründe. Das gehört beim FC Bayern dazu, damit können wir auch umgehen.
Wenn es dann auch noch sportliche Krisen gibt oder die Transferperiode ihren Schatten vorauswirft, wird es schwierig, all diesen Aufgaben gerecht zu werden?
Nein, weil wir beim FC Bayern eine gute Arbeitsteilung haben und sich jeder auf seinen Bereich konzentriert. Die Asien-Reise ist ein gutes Beispiel: Jan-Christian Dreesen ist als Vorstandsvorsitzender in München geblieben, weil wir einen sehr intensiven Transfermarkt haben. Wir müssen jetzt wachsam sein, um die Dinge über die Ziellinie zu bringen. Also habe ich in Japan die repräsentativen Aufgaben übernommen, die wir uns ursprünglich geteilt hätten.
Und dann wird der Termin mit Tottenham-Chairman Daniel Levy plötzlich verschoben…
Da wird manchmal in eher normale Vorgänge sehr viel hineininterpretiert.
Dieses Taktieren bei Verhandlungen dürfte Ihnen aus Ihrer Zeit bei Adidas bekannt sein.
Ich kann Ihnen sagen, als ich den letzten Vertrag mit dem japanischen Fußballverband im Jahr 2014 verhandelt habe, sind wir fünf Mal nach Japan geflogen. Zwei Mal war ich in Tokio dabei, und da gab es immer nur sogenannte „Höflichkeitsbesuche“. Dann habe ich irgendwann mal gesagt: Was ist jetzt? Wann verhandeln wir? Wann kommen endlich mal konkrete Zahlen auf den Tisch? Das gehört eben auch dazu. Aber das kann man mit der aktuellen Situation nicht unbedingt vergleichen. Was ich aber sagen kann: Daniel Levy ist ein Profi, wir alle haben höchsten Respekt vor ihm.
Interview: Manuel Bonke