München – Schon sein Nachname klingt nach Motorsport – David Schumacher. Der Sprössling von Ex-Formel-1-Pilot Ralf (48) fährt für Mercedes in der DTM. Die Königsklasse hat der 21-Jährige aber noch nicht aufgegeben.
Herr Schumacher, Sie sind mit AMG-Mercedes in der DTM unterwegs, haben die ersten Punkte eingefahren. Wie ist Ihr bisheriges Fazit der Saison?
Der Start lief ganz gut. Zumindest in Oschersleben. In Zandvoort stellten wir dann schnell fest, dass die Strecke nicht zum Mercedes passte. Am Norisring hatte ich Probleme im Qualifying. Ich war nur eine Zehntelsekunde langsamer als mein Teamkollege Lucas Auer, aber in der DTM geht es so extrem eng zu, dass das dann bereits den Unterschied von zehn Startplätzen ausmacht. Ich will jetzt konstanter werden, die Reifen besser verstehen und sonst alles verbessern.
Ihr Vater ist ein ehemaliger Weltklasse-Fahrer in der Formel 1. Kann er Ihnen bei der Suche nach dem perfekten Fahrstil helfen oder hat er zu wenig Erfahrung mit den GT3-Autos mit ABS?
Er kennt sich mit dem größeren Gewicht und der Aerodynamik der Autos aus, weil beides ähnlich ist wie bei den DTM-Rennwagen, die er in seiner aktiven Zeit gefahren ist. Was ABS und Traktionskontrolle betrifft: Da muss er leider passen. In dieser Beziehung muss ich auf die Teamingenieure und die Techniker von AMG-Mercedes hören.
Sie hatten Erfolge im Kartsport, in den Nachwuchsklassen, sind dann in der Formel 3, die im Rahmenrennen der Grand-Prix-Rennen stattfindet, gefahren. Dann haben Sie sich für die DTM entschieden. Haben Sie Ihr Ziel, irgendwann in der Formel 1 zu fahren, trotz Ihres noch jungen Alters schon aufgegeben?
Das ist schwierig zu sagen. Im Moment konzentriere ich mich voll auf den Tourenwagensport, das ist mein Fokus. Was danach kommt, kann ich noch nicht absehen. Das wird sich im Laufe des Jahres entwickeln.
Nico Hülkenberg ist momentan mit 35 Jahren der einzige deutsche Formel-1-Fahrer. Ihr Cousin Mick hat nach zwei mehr oder weniger erfolglosen Jahren bei Haas sein Cockpit verloren, sitzt jetzt auf der Ersatzbank bei Mercedes. Was läuft schief in der deutschen Nachwuchsförderung?
Das größte Problem ist, dass es in Deutschland kaum noch Nachwuchsförderung gibt. Nur der ADAC bemüht sich, aber deren Budget ist begrenzt. Sie geben trotzdem ihr Bestes. Anders als in anderen Ländern gibt es in Deutschland keine staatlichen Förderungsprogramme. Es geht verständlicherweise in Zukunft um Klimaschutz. Der Motorsport geht damit aber konform. Das Ziel ist es, so schnell wie möglich CO2 neutral zu werden. In der DTM benutzen wir beispielsweise schon 50 Prozent synthetischen Sprit, mit dem Ziel, bald auf hundert Prozent zu kommen. Noch ist es aber durch die politische Stimmung sehr schwer, Sponsoren zu finden. Eine Formel-3-Saison kostet 1,3 Millionen Euro, eine in der Formel 2 sogar zwei Millionen. Da sind Testfahrten noch nicht drin. Davon braucht es aber mindestens zehn, um optimal vorbereitet zu sein. Ein Testtag kostet zwischen 10 000 und 20 000 Euro. Ohne Unterstützung kann man das nicht bezahlen.
Da hilft auch der berühmte Nachname nicht?
Der hat Vor- und Nachteile. In den Nachwuchskategorien war es kein Nachteil. Da hat der Name Türen geöffnet. Andererseits schauen die Leute bei einem Schumacher genauer hin. Fehler werden medial ausgeschlachtet. Die positiven Dinge gehen da eher unter. Das ist schade, aber nicht zu ändern. Was die Konkurrenten auf der Strecke betrifft: Da kann man schon manchmal das Gefühl haben, dass die anderen denken: ,Da kommt der kleine Schumacher, den lasse ich jetzt aber nicht vorbei.‘ Damit muss ich leben, damit muss ich kämpfen und das mache ich auch.
Ähnlich war auch die Situation bei Ihrem Cousin Mick. Wie bewerten Sie seine Situation?
Micks Problem war, dass er sich in seinem Debütjahr mit seinem Teamkollegen Nikita Mazepin nicht richtig messen konnte. Beide waren Neulinge und Mazepin, den er dominiert hat, war kein Maßstab. Den braucht man als junger Fahrer aber dringend, um sich zu entwickeln. Erst im zweiten Jahr hatte er mit Kevin Magnussen einen starken Teamkollegen. Ich glaube, unter diesen Umständen hat Haas ihm nicht genügend Zeit gegeben, um sich zu entwickeln. Denn die Formel 1 ist wahnsinnig kompliziert. Zum Glück kann er jetzt bei Mercedes alles in Ruhe lernen. Ich hoffe, dass er noch mal eine Chance bekommt. Wenn, dann wird er überzeugen, da bin ich sicher.
Haben Sie die Formel-1-Karriere Ihres Vaters oder Onkel eigentlich bewusst erlebt?
Ich kann mich nur an einen Toyota-Test meines Vaters in Le Castellet erinnern. Da war ich aber erst vier oder fünf. Den ersten GP live habe ich in Hockenheim 2018 erlebt. Da fuhr ich mit der Formel 4 im Rahmenprogramm.
Jetzt waren Sie beim GP von Ungarn vor Ort. Wie besonders ist die Formel 1?
Sie fasziniert mich extrem. Sie ist das Vorzeigemodell des Motorsports, in jeder Beziehung.
Trotzdem gibt es in Deutschland im Moment im Gegensatz zu anderen Ländern eine Flaute. Es gibt kein Formel-1-Rennen mehr, was ein sichtlicher Beweis dafür ist. Was muss passieren, dass die Formel 1 auch in Deutschland wieder boomt?
Es gibt keine staatliche Unterstützung, deshalb sind alle deutschen Rennstreckenbesitzer auf sich alleine gestellt. Deshalb haben Strecken wie Hockenheim oder der Nürburgring auch nicht mehr den Standard, den die Formel 1 fordert. Gerade der Sicherheitsaspekt ist sehr wichtig. Da müsste dran gearbeitet werden.
Rein sportlich dominiert Max Verstappen. Stört es Sie, dass wegen Verstappens Überlegenheit der Sieger quasi schon vor dem Rennen feststeht?
Nein. Das gab es schon oft. Mein Onkel dominierte die Formel 1 mit Ferrari, später Mercedes von 2014 bis 2020 mit Lewis Hamilton. Im Moment machen Red Bull und Max einfach den besten Job. Sie haben auch lange genug warten müssen und haben es verdient. Trotzdem glaube ich, dass sich die anderen wieder langsam ran robben werden. McLaren hat das in Ungarn schon eindrucksvoll bewiesen. Was Max betrifft: Er ist extrem talentiert, extrem schnell und mit seiner aggressiven Fahrweise hat er sich auch mittlerweile den nötigen Respekt bei den Kollegen verschafft. Red Bull baut das Auto für ihn. Auch deshalb hatte bisher kein Teamkollege eine Chance gegen ihn.
Interview: Ralf Bach