Glasgow – 75 Zentimeter Umfang, Muskeln wie Berge und platzende Hosen: Die XXL-Oberschenkel von Robert Förstemann lassen jeden Fitness-Freak vor Neid erstarren. Mit seinen durchtrainierten Beinen zieht „Quadzilla“, wie das Bahnrad-Ass genannt wird, auch in Glasgow die Blicke auf sich. Bei der Multi-WM greift der 37-Jährige als Guide mit dem sehbehinderten Thomas Ulbricht nach dem ersten Titel.
„Wir möchten unsere Bestzeit möglichst deutlich unterbieten“, sagte Förstemann vor dem Zeitfahren über 1000 m am Freitag. Bei der WM im vergangenen Jahr fuhr das Tandem-Duo zu Bronze, im Sprint sogar auf den zweiten Platz. In Schottland soll diesmal der Titel her.
Das Duo harmoniert auf dem Tandem „hervorragend“, wie Ulbricht erklärte. Der 38-Jährige war vor seinem Wechsel auf die Bahn erfolgreicher Leichtathlet, nachdem er die Paralympics 2021 in Tokio aber wegen Achillessehnenproblemen verpasste, wagte er den Wechsel aufs Fahrrad. „Ich habe Robert dann im Kraftraum angesprochen und gefragt, ob er mal Lust hat“, berichtete er.
Förstemann dagegen wollte den Bahnradsport „noch mal aus einer anderen Perspektive erleben“, sagte er. Bei der Entscheidung für den Para-Sport spielte auch der Unfall von Rekordweltmeisterin Kristina Vogel eine Rolle, die seither im Rollstuhl sitzt. Bei seiner Paralympics-Premiere in Tokio wurde er mit Kai-Kristian Kruse Vierter. Mittlerweile geht er mit Ulbricht auf Medaillenjagd.
Berühmt wurde Förstemann bei den Olympischen Spielen 2012 in London. Das Kraftpaket holte als Anfahrer im Teamsprint die Bronzemedaille, seine riesigen Oberschenkel fanden danach den Weg in beinahe jedes Boulevardblatt. „Das ist irgendwo mein Markenzeichen“, sagte er: „Ich trainiere jeden Tag die Beine, zweimal im Schnitt.“
Das Ergebnis ist beeindruckend, fast beängstigend. Beim Kniebeugen schafft Förstemann 290 kg, in der Beinpresse gar 800 kg. Förstemanns Oberschenkelumfang beträgt 75 cm, zu Spitzenzeiten waren es 80 cm. Zum Vergleich: Arnold Schwarzenegger brachte es zu Bodybuilder-Zeiten maximal auf 72.
„Ich messe das nicht immer nach, aber manchmal kommen Leute und wollen den messen“, verriet Förstemann: „Dann bin ich oft selber überrascht, was da eigentlich los ist.“ Die pure Kraft hat aber auch ihre Schattenseiten. „Ich laufe ungern Treppen. Das muss ich ganz klar dazu sagen“, gab Förstemann lachend zu. Auch Hosen haben ihn zunehmend verzweifeln lassen. Seitdem er aber seine eigenen produziert, hat Förstemann keine Probleme mehr, wie er erzählte.
Die Kraft aus den Oberschenkeln benötigt das Duo auf dem Tandem aber auch. Der Zweisitzer wiegt mit den beiden Athleten rund 200 kg „und die muss man erstmal aus dem Stand beschleunigen“, erklärte Förstemann. Dessen „unwahrscheinlicher Antritt“ hat es auch Julius Friedhelm Beucher angetan. „Da denke ich ja immer, die Kurbel bricht“, erzählte der Präsident des Deutschen Behindertensportverbands (DBS). Auszuschließen ist das nicht. sid