Die Liga schüttelt den Kopf

von Redaktion

Wurden schwächelnde Wolfsburgerinnen bevorzugt? Hinter den Kulissen knirscht es gewaltig

VON FRANK HELLMANN

Brisbane – Die Schockwellen aus Brisbane sind in Windeseile auch auf die andere Seite der Erde geschwappt. Vertreter aus der Frauen-Bundesliga reagierten fassungslos auf das deutsche WM-Aus. „Ich kann es nicht glauben“, sagte Birgit Bauer, die ewige Abteilungsleiterin vom SC Freiburg.

Nicht jeder aus der Liga hat das Unheil kommen sehen, aber hinter vorgehaltener Hand gibt es einige Stimmen, die vor allem eines seit Längerem kritisch sehen: die (zu) enge Verbindung zwischen dem Nationalteam und dem VfL Wolfsburg. Deren Direktor Frauenfußball, Ralf Kellermann, stattete dem Team vor dem Südkorea-Spiel einen Besuch ab, was nicht weiter verwerflich ist, weil der profunde Kenner Kellermann bei jeder WM auf Rundreise ist. Er war lange Cheftrainer von Britta Carlson, die 2019 aus ihrer Assistentenrolle an die Seite von Bundestrainerin Martina Voss-Tecklenburg wechselte.

Über die Bevorzugung von VfL-Spielerinnen durch Carlsons Einfluss wird stets nur geraunt. Bei dieser WM war es offenkundig, dass formschwache Wolfsburgerinnen einen Bonus besaßen. In der Startelf gegen Südkorea standen nur zwei Spielerinnen vom Meister FC Bayern, aber acht (!) Akteure vom Pokalsieger Wolfsburg, die im Sommer von der TSG Hoffenheim gewechselte Chantal Hagel mitgerechnet. Vermutlich wird die 25-Jährige niemals beim Werksverein als Linksverteidigerin auflaufen. Noch befremdlicher wirkte das Festhalten an der neben der Spur laufenden Jule Brand. Von Wolfsburgs Cheftrainer Tommy Stroot wurde sie im Champions-League-Finale gar nicht eingesetzt, weil es ihr an Durchsetzungsvermögen auf Topniveau fehlt. Gegen Kolumbien und Südkorea hätte die Flügelspielerin fast schon aus Selbstschutz zur Pause erlöst werden müssen. Aufgelöst sagte Brand im ZDF-Interview zur Frage, was die Bundestrainerin nach dem Aus gesagt habe: „Ich weiß es gar nicht!“

Voss-Tecklenburg beteuerte, sie habe nach „besten Wissen und Gewissen“ aufgestellt. Aber was muss eine Nicole Anyomi denken, die als Außenstürmerin bei Eintracht Frankfurt in der Rückrunde überragte und vor den Augen der Bundestrainerin bei einem 4:0 gegen Wolfsburg die VfL-Abwehr mit deutschen Nationalspielerinnen fast alleine schwindlig spielte? Mit Sophia Kleinherne ist eine zweite Frankfurterin – und mit Laura Freigang vielleicht sogar eine dritte – brüskiert worden. Kleinherne ist eine sehr zuverlässige Rechts- und Linksverteidigerin – bei der WM wurde sie trotz der Ausfälle von Giulia Gwinn, Carolin Simon und Felicitas Rauch nicht gebraucht. Vereinstrainer Niko Arnautis hat darüber nur mit dem Kopf geschüttelt – offiziell äußern will sich niemand. Dabei müsste einiges angesprochen werden.

Zuvorderst natürlich auch der Egotrip des FC Bayern im Abstellungszoff. Die Behauptung, die Spielerinnen müssten sich vor der WM länger erholen, war lächerlich, denn Bayern-Abteilungsleiterin Bianca Rech ging es um ihr eigenes Ansehen in der Clubvereinigung ECA. Ein Eigentor. Immerhin hat sich Kellermann gewagt, das klar zu kritisieren – und war damit alleine. Es gibt innerhalb der Liga noch mehr aufzuarbeiten, aber es ist zu befürchten, dass es dazu nicht kommen wird. Den DFB-Ausschuss Frauen-Bundesligen leitet seit Frühjahr Tobias Trittel, öffentlich weitgehend unbekannt. Sein Arbeitgeber? Der VfL Wolfsburg.

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