Wyong – Es lag tatsächlich ein feiner Brandgeruch in der Luft, als Martina Voss-Tecklenburg und Joti Chatzialexiou ein letztes Mal vom Hof des Wyong Race Club fuhren. Fast eine Stunde hatten sich die Bundestrainerin und der Sportliche Leiter am Samstag noch von der australischen Ostküste an die Analyse des historischen schlechten WM-Abschneidens der DFB-Frauen gemacht, als nahe dem Tuggerah Lake ein Feuer ausbrach. Spöttisch hieß es, im ungeliebten Basecamp habe jemand vielleicht „Waru“ angezündet, weil selbst das Maskottchen seinen Zweck verfehlte.
So schlimm war es dann doch nicht, und überhaupt liegt nicht alles in Schutt und Asche. Voss-Tecklenburg sandte die klare Botschaft aus, dass sie den Löschtrupp anführen möchte. „Das Einfache ist, wenn es im Leben schwierig wird, wegzulaufen. Ich bin noch nie weggelaufen, wenn es schwierig geworden ist. Also habe ich weiterhin den festen Willen, zusammen mit allen Beteiligten die nächsten Schritte im deutschen Frauenfußball zu gehen“, sagte die 55-Jährige. Sie werde „hartnäckig und stark“ bleiben. Die Kämpfernatur macht weiter.
Nach der für Deutschland schlechtesten Frauen-WM aller Zeiten löste sich die DFB-Delegation erst nach und nach auf, was zu einem Krisenreport der Bild-Zeitung („Risse zwischen Mannschaft und Trainerin“) passte. Chatzialexiou versuchte, den Brandherd noch an der Central Coast auszutreten: „Wir haben direkt den Spielerrat zusammengeholt.“ Solche Vorwürfe seien ihm gegenüber „nicht übermittelt“ worden, aber der gegenüber „Feedback und Fehlerkultur“ aufgeschlossene 47-Jährige kündigte an, sich nachträglich mit „mehreren Spielerinnen im Eins zu Eins“ noch mal austauschen zu wollen. Das ist allemal ratsam.
Eine erfahrene Akteurin sagte hinter vorgehaltener Hand, bei der WM habe es von „vorne bis hinten“ nichts gepasst. Und sogar die beim ZDF als Expertin eingespannte Nationalspielerin Giulia Gwinn, die nach ihrem zweiten Kreuzbandriss wieder voll trainiert, hat fehlende Harmonie ausgemacht: Die Gruppe habe „nicht so zusammengefunden, wie wir es von der EM gewohnt waren“. Man hatte das Gefühl gehabt, „dass die Verbindung nicht da war“.
Spielerinnen aus der zweiten Reihe bekamen nur dann Antworten, wenn sie wie Laura Freigang aktiv danach fragen. Die Verstimmungen über fehlende Kommunikation gibt es definitiv. Diese atmosphärischen Störungen haben ein gedeihliches Miteinander behindert.
Voss-Tecklenburg widersprach den anonymen Behauptungen. Ihre Führungskräfte seien ständig in alle Prozesse eingebunden gewesen. „Wenn wir Risse erlebt hätte, dann hätte man sich dem gestellt.“ Voss-Tecklenburg ahnte aber, das man demnächst „vielleicht niedrigere Ziele formulieren“ müsse. Gleichwohl müsse der „Umgang mit Druck“ besser werden.
Unwirsch reagierte die Bundestrainerin auf Vorhaltungen, Spielerinnen vom VfL Wolfsburg würden bevorzugt. „Wir nominieren nicht nach Vereinszugehörigkeit, sondern nach Leistungsparametern.“ Die späte Berücksichtigung von Sydney Lohmann könne sie damit begründen, dass die Dampfmacherin vom FC Bayern erst „zum dritten Gruppenspiel fit für maximal 45 Minuten“ gewesen sei.
Und dann sind da noch zwei Baustellen, die Joti Chatzialexiou bei Männern wie Frauen ausgemacht hat: die Persönlichkeits- und Talententwicklung. Kapitänin Alexandra Popp ist das leuchtende Vorbild, dem diesbezüglich kaum noch jemand folgt. „Die mentale Fähigkeit, der Siegeswille, kann andere Fähigkeiten überstrahlen“, sagte der DFB-Manager. Früher sei das schließlich Teil der deutschen „DNA“ im Fußball gewesen.
Popp war auch eine der ersten, die sich nach dem Debakel zu Wort meldete. Sie dankte den Fans für die Unterstützung und versprach: „Wir werden aufstehen und wiederkommen!“