Frankfurt/Main – Tausende neue Mädchen am Ball, zahlreiche Zuschauerrekorde – und aus Nationalspielerinnen wurden Vorbilder: Dem sensationellen Lauf ins EM-Finale im Jahr 2022 folgte eine explosionsartige Positiv-Entwicklung des deutschen Frauenfußballs. Doch nur ein Jahr später verfolgen Alexandra Popp und Co. die heiße Phase im Kampf um die WM-Krone aus mehr als 16 000 Kilometern Entfernung im heimischen Wohnzimmer. Diesmal konnte die Mannschaft von Martina Voss-Tecklenburg die größtmögliche Bühne nicht nutzen, scheiterte stattdessen krachend.
Ist gar der Boom des Frauenfußballs in Deutschland schon wieder vorüber? „Ich habe schon den Wunsch und die Hoffnung, dass das nicht mit dem einen Mal wieder den Bach runtergeht“, sagte Kapitänin Popp: „Die Entwicklung in dem Jahr war so schön anzusehen und so wichtig für den Sport, dass ich einfach hoffe, dass es dabei bleibt.“
Ihre Chefin ist diesbezüglich guter Dinge. „Mein Bauchgefühl sagt mir, dass es keinen unmittelbaren Einfluss hat auf Dinge, die wir angeschoben haben“, betonte Voss-Tecklenburg: „Ich glaube, dass die Fans eher ein Jetzt-erst-recht-Gefühl haben.“ Aber, mahnte sie weiter: „Wir müssen hingucken. Im Erfolgsfall fallen die Dinge einfacher und es lässt sich leichter anschieben.“
Es sei den Spielerinnen „bewusst, dass es schnell nach oben, aber auch nach unten gehen kann“, hatte Laura Freigang bereits im Vorfeld des Turniers gesagt: „Im Fußball geht es immer um den Erfolg, und Begeisterung wird vor allem durch Erfolge ausgelöst.“ Nun gelte es auch im Misserfolg Mittel und Wege zu finden, „wie wir es trotzdem weiter verbessert kriegen“, forderte Voss-Tecklenburg.
DFB-Präsident Bernd Neuendorf plädierte dafür, „nicht so pessimistisch“ zu sein, was die Tragweite des frühen Ausscheidens für die generelle Entwicklung des Frauenfußballs bedeutet: „Das Eine ist das Abschneiden der Nationalmannschaft, das ist sehr traurig und enttäuschend für uns alle. Auf der anderen Seite haben wir ja eine Entwicklung gesehen, die – glaube ich – sich auch fortsetzen wird.“
Es werde schon „einen kleinen Bruch“ geben, fürchtet dagegen Almuth Schult. Sorgen bereitet ihr die lange Zeitspanne bis zum Bundesligastart am 15. September. „Natürlich würde man es nun am liebsten gleich morgen wieder gutmachen“, schrieb die in Babypause befindliche Torhüterin in ihrer Kolumne für das RedaktionsNetzwerk Deutschland: „Eine lange Zeit ist zu überbrücken, um dann wieder Begeisterung zu entfachen – hoffentlich nicht zu lang.“
Die Zuschauerentwicklung im Fernsehen spricht für die DFB-Damen. In einer repräsentativen Umfrage des Meinungsforschungsinstituts YouGov vom Montag gaben 52 Prozent der befragten Deutschen an, das Interesse sei weiter „unverändert klein“. 17 Prozent äußerten, ihr Interesse sei weiter „sehr groß“. Das Aus von WM-Titelverteidiger USA im Elfmeterkrimi im Achtelfinale gegen Schweden sahen am Sonntag in der ARD immerhin 2,91 Millionen Fußballfans (24,8 Prozent Marktanteil). Ein guter Wert. sid