München – An der Spitze des deutschen Eishockeys trifft man immer wieder auf vertraute Nachnamen. Es ist ein Sport, den Väter an ihre Söhne weitervermitteln. Im aktuellen Münchner Kader haben Torhüter Mathias Niederberger und Stürmer Veit Oswald Nationalspieler-Väter, auch Patrick Hagers Senior Anton war Profi. Bei einem der Neuen fällt die Verwandtschaft auf dem Namensweg nicht auf, Bei Nico Krämmer, 30, muss man es wissen, dass die Berühmtheit in der Familie der Onkel war: Gerd Truntschka, heute 64 – und einer der Größten, die dieser Sport hierzulande hervorgebracht hat.
Gerd Truntschka hörte 1994 auf, sein Neffe Nico Krämmer war da gerade eineinhalb Jahre alt. Ab drei hatte er „in jedem Urlaub einen Eishockeyschläger dabei“. Doch mit Krämmers früher Entscheidung für dieses Spiel, das in Landshut sehr angesagt ist, hatte Gerd Truntschka wenig zu tun, Was der darstellte, hat Nico erst nach und nach erfahren. „Es gab Videokassetten mit ihm, die haben wir auf DVD übertragen lassen, damit ich überhaupt erst sehen konnte, wie er gespielt hat.“ Was er sah, ließ Nico Krämmer staunen: „Mein Onkel war seiner Zeit voraus.“
Landshut, Köln, Düsseldorf, München – das waren die Stationen. Auf dem Eis wuchs Gerd Truntschka zur Stürmerpaarlösung mit Didi Hegen zusammen, es war schwer, einen dritten Mann zu finden, der mithalten konnte. Meist war es Gerds jüngerer Bruder Bernd, als Gerd Truntschka und Hegen 1992 beim EC Hedos München anheuerten, wurde Andy Volland ihr Rechtsaußen – der Vater von Fußball-Nationalspieler Kevin Volland.
Für Gerds technische Überlegenheit stand ein Tor aus den 80er-Jahren: Als er alleine auf den Kasten zulief, irritierte er den gegnerischen Keeper mit einer kompletten Umdrehung um die eigene Achse – bekannt als der „Truntschka-Kreisel“. Nico Krämmer: „Andere können das jetzt auch, aber er war der Erste.“ Der Erfinder. Fünfmal war Gerd Truntschka Spieler des Jahres, achtmal Deutscher Meister, viermal lief er bei Olympia auf, zudem bei neun Weltmeisterschaften. In 858 Bundesligaspielen sammelte er 1421 Scorerpunkte, keiner bereitete mehr Tore vor als er. Dabei wäre auch Fußball eine Option gewesen: Der FC Bayern wollte ihn nach einem Probetraining für die Jugend haben, Doch die Landshuter Eishockey-Tradition war stärker.
Nico Krämmer ist ein anderer Spielertyp als sein Onkel. Ebenfalls Stürmer zwar, aber keiner, der sich über die Punkte definiert: „Ich bin schon mehr der defensive Stürmer, Unterzahlspiel ist etwas, worauf ich Wert lege. Aber wenn es klickt, bin ich auch mal beim ,secondary scoring’ dabei.“ So nennt man das, wenn nicht nur die Paradereihen Tore produzieren und der Erfolg einer Mannschaft auch aus ihrer Tiefe kommt.
Im Familienkreis in Landshut erzählt Gerd Truntschka die Geschichten von früher, aus der Öffentlichkeit hat er sich, obwohl zu seiner Spielerzeit ein Sprachrohr des Sports, zurückgezogen. Die Reputation als einstiger Eishockeystar hilft aber beim Vertrieb seines Vitamindrinks „La Vita“ – Truntschka ist Unternehmer geworden.
Den Neffen bringt die Tätigkeit des Onkels in einen kleinen Konflikt. Der Club, dem er sich angeschlossen hat, gehört zum Getränkekonzern Red Bull. Was trinkt er nun?
„Beides gerne“, sagt Nico Krämmer – und schiebt nach: „Darf ich das sagen?“ Aber der Drink aus der Verwandtschaft begleitet ihn schon lange: „Auf ,La Vita’ schwöre ich.“ GÜNTER KLEIN