Es ist schon ein absurdes Schauspiel, das sich seit Monaten um Harry Kane zuträgt. Im Herbst vergangenen Jahres äußerte sich der Stürmer erstmals zum Bayern-Interesse – ein erster Akt, auf den viele weitere folgen sollten. Ob die ganze Vorstellung ein Drama oder doch eine Komödie ist, liegt wohl im Auge des Betrachters. Kane hat die große Bühne verbal jedenfalls ziemlich schnell wieder verlassen. Von ihm gab es danach nichts mehr zu hören, der Ton aber war gesetzt: Er selbst will nach München, die Vereine mögen sich einigen.
Am Donnerstagabend überraschten englische Medien – nachdem es endlich zu einer Übereinkunft gekommen war – mit dem Gerücht, der 30-Jährige würde zögern. Jede gute Geschichte braucht eben retardierende Momente. Freitagfrüh saß Kane dann schon mit einer Pobacke im Flugzeug. Die Bilder, die ihn am Stansted-Flughafen in London zeigten, während der Privatjet bereitstand, aber nicht abheben durfte, setzen der ganzen Nummer die Krone auf. Es beschlich einen der Gedanke: Was soll das ganze Theater? Und wie muss man drauf sein, um so zu verhandeln? Die Bayern-Bosse mussten gute Laune zum bösen Spiel von Tottenham-Chef Daniel Levy machen. Man schätze sich, er sei ein „smarter Verhandler“, verkündeten sie immer wieder und ärgerten sich hinter der Bühne über sein kompliziertes Gebaren.
Immerhin: Das Schauspiel scheint so zu enden wie das Werk Viel Lärm um nichts des bekannten englischen Schriftstellers William Shakespeare. Fiesling Don John (Levy) kann die Liebesheirat von Claudio (Bayern) und Hero (Kane) nicht verhindern. Billig war die Braut allerdings nicht. Rund 220 Millionen Euro Gesamtpaket (Ablöse plus Gehalt) für vier Jahre sind nicht auf Haaland-City-Niveau (über 300 Millionen für fünf Jahre), aber auch nicht weit davon entfernt. Die Bayern haben damit eine finanzielle Tür geöffnet, die sie wohl nie wieder schließen können werden. Jetzt kann man sich – frei nach dem bayerischen Dramaturgen Gerhard Polt – fragen: Braucht’s des? Die Bayern sagen: Ja. Denn sie haben Angst, sonst international abgehängt zu werden.
Am Samstag öffnet sich für die Münchner gegen Leipzig rein sportlich zumindest national der Saison-Vorhang. Der Titel ist dabei wurscht, aber die Signalwirkung groß. Schließlich werden beide Clubs im Meisterschaftsrennen Hauptrollen einnehmen – genau wie Harry Kane.
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