Elfmeterkrimi mit Märchen-Ende

von Redaktion

FRAUEN-WM Australien bejubelt Einzug ins Halbfinale – dort warten selbstbewusste Engländer

Brisbane/Köln – Der ekstatische Jubel um die australischen Matildas im Stadion von Brisbane wollte kein Ende nehmen, da sorgte Superstar Sam Kerr auch noch für einen der emotionalsten Momente dieser denkwürdigen Frauenfußball-Weltmeisterschaft: Die frenetisch jubelnde neunjährige Zara Borcak auf der Tribüne erhielt aus den Händen von Kerr das gerade noch im Elfmeterkrimi gegen Frankreich getragene Trikot mit Grasflecken und Schweiß der Protagonistin.

„Sie hat mich auf der Tribüne entdeckt, wo ich laut geschrien habe und hat es mir einfach gegeben. Ich habe mich bedankt, sie hat gesagt gern geschehen“, berichtete Borcak später. Der Videoclip von der Trikotübergabe erreichte bei Social Media rasch mehr als 100 000 Klicks und unterstrich die unglaubliche Euphorie im Land des WM-Co-Gastgebers, der mehr denn je vom großen Triumph überzeugt ist. Am Mittwoch (12.00 Uhr MESZ) geht es in Sydney im Halbfinale gegen Europameister England – die Matildas lassen ganz Australien träumen. Im anderen Halbfinale treten Spanien und Schweden bereits am Dienstag in Auckland (10.00 Uhr MESZ/ZDF) gegeneinander an.

Hunderttausende feierten landesweit bei Public Viewings den Triumph gegen Les Bleues. Cortnee Vine nutzte den 20. (!) Elfer zum 7:6-Erfolg der Australierinnen (0:0 n.V.), womit erstmals ein WM-Halbfinale erreicht wurde. Mit durchschnittlich 4,23 Millionen Fans wurde die höchste TV-Quote seit Cathy Freemans Goldtriumph über 400 m bei den Olympischen Spielen 2000 in Sydney erreicht. „Magnifique! Matildas“, titelte The Sunday Telegraph.

„Ich bin wirklich davon überzeugt, dass diese Mannschaft in vielerlei Hinsicht Geschichte schreiben kann, nicht nur indem sie Fußballspiele gewinnt“, sagte Trainer Tony Gustavsson. Der Schwede lobte seine Spielerinnen für „die Art und Weise, wie sie die Nation inspirieren können, wie sie die Nation vereinen können, wie sie ein Vermächtnis hinterlassen können, das viel größer ist als 90 Minuten Fußball. Deshalb glaube ich auch so sehr an sie“. Torhüterin Mackkenzie Arnold war die australische Heldin im Elfmeterschießen, ließ die Französinnen mehrfach verzweifeln, auch wenn ihr eigener Elfmeterschuss am Pfosten landete.

Aber auch die englischen Lionesses gehen sehr selbstbewusst ins Semifinale. Das 2:1 (1:1) gegen Deutschland-Schreck Kolumbien unterstrich nochmals die mentale Stärke der Britinnen, auch ein Rückstand brachte den EM-Champion nicht aus dem Konzept. Und die lautstarke Kulisse in Sydney vor nahezu 80 000 Heim-Fans? „Das wird aufregend, was gibt es Schöneres, als vor einer solchen Heimkulisse zu spielen?“, betonte Englands Siegtorschützin Alessia Russo (62.).

Teammanagerin Sarina Wiegman gilt im Augenblick als Erfolgsgarantin schlechthin im Frauenfußball. Die dreimalige FIFA-Welttrainerin kann zum vierten Mal in Folge bei einem großen Turnier (WM oder EM) ins Endspiel einziehen. „Schon jetzt ist das Erreichte großartig“, sagte die Niederländerin, letzte im WM-Turnier noch vertretene Fußballlehrerin.

Und Wiegman hofft, dass bald noch mehr Trainerinnen bei einer WM die Verantwortung tragen: „Vor Beginn des Turniers hatten wir 20 männliche Trainer und zwölf Trainerinnen“, sagte Wiegman im Turnierverlauf und fügte an: „Wir hoffen, dass das Gleichgewicht in Zukunft besser wird. Und wir arbeiten daran, zumindest in England.“  sid

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