„Im Sommer hab ich mein Gym im Stadl“

von Redaktion

Koni Abeltshauser über seine Eishockey-Anfänge, Heimat, die Kanada-Erfahrung und den EHC

Bad Heilbrunn/Unterbuchen – Für die Begegnung mit der eigenen Vergangenheit nimmt Konrad Abeltshauser (30) auch nasse Füße in Kauf. Die Wiesen des familieneigenen Hofs, die den idyllischen Unterbuchner Weiher säumen, sind feucht. Das beliebte Badegewässer ist der Ort, an dem für den heutigen Eishockey-Star alles begann.

Der Hof Ihrer Familie ist auf Ihrem Oberarm verewigt, der Weiher nicht – dabei dürfte auch er in Ihrer Geschichte große Bedeutung haben …

Ich habe es überlegt, aber das wäre ja nur ein schwarzer Punkt geworden, deshalb habe ich es gelassen. Aber es stimmt schon, an dem Weiher waren wir eigentlich immer. Der Opa hat ja die Liegewiesen von Hand gemäht und die Stege gepflegt. Dafür hat er dann einen kleinen Obolus von den Badebesuchern verlangt. Während seiner halbstündigen Mittagspause haben wir Kinder das dann übernommen. Für 50 Prozent Provision.

Und im Winter haben Sie hier Schlittschuhlaufen gelernt?

Na ja, wirklich gelernt habe ich es sicher erst im Verein. Bei meiner ersten Trainerin Camilla. Hier auf unserem Weiher war es mehr Gehen auf Schlittschuhen. Wie es so ist, mit gerade mal drei Jahren. Und es ging natürlich erst, nachdem der Opa das Eis freigegeben hat. Dazu ist er mit der Hacke runter zum See und hat ein Loch reingeschlagen. Elf Zentimeter musste das Eis schon haben. Aber profitiert habe ich sicher viel. Normalerweise gehst du ja bei den ersten Eislauf-Trainingsstunden immer mit zwei Pylonen zum Festhalten aufs Eis. Bei meinen ersten Stunden im Verein habe ich nur eine gebraucht.

War der Weg aufs Eis logisch?

Ach, meine Eltern hätten auch etwas anderes akzeptiert. Aber es sollte halt nur ein Sport sein. Klar, wir waren fünf Kinder. Dann ist eigentlich nur Eishockey in Frage gekommen.

Woher kam der erste Schläger?

Ich glaube, das war so ein uralter Holzschläger meines Vaters. Irgendwann ist dann mein damaliger Nachwuchstrainer Rick Boehm gekommen und hat in seinem breiten Kanadier-Deutsch gesagt, dass ich nicht mit so einem greisligen Schläger spielen kann – er hat mir einen besseren gegeben. Aber viel wichtiger war für mich der erste richtige Helm. Wenn du das erste Mal einen Schläger ins Gesicht kriegst, merkst du: Es wird Zeit.

Abeltshauser wuchs auf einem kleinen Hof auf, wie er typisch ist für die Region. Einige Kühe, Hühner, Wiesen. Fünf Kinder teilten sich seinerzeit vier Kinderzimmer – Konfliktpotenzial. Sein eigenes Kinderzimmer hat er heute wieder. Bei den Besuchen im Sommer kommt die Familie dort unter.

Nach 16 Jahren Unterbuchen zog es Sie nach Kanada. Ein Kulturschock?

Schon irgendwie. Aber damals sind die ersten Spieler rübergegangen. Und ich habe mir gedacht: Mensch, das wäre es. Für mich war das ein Abenteuer, auf das ich mich sehr gefreut habe. Du gehst in das Land, in dem Eishockey alles ist. Von dem her war das schon okay. Auch meine Eltern haben das unterstützt und gemeint: „Was kann dir passieren? Wenn es nichts wird, dann kommst du halt nach einem Jahr zurück und machst eine Lehre.“

Aus einem Jahr wurden sechs. Sie lernten in Halifax Ihre Frau kennen. War es immer klar, dass Ihre Heimat hier bleibt?

Ja, schon. Dass es hier so schön ist, die Berge so nah, ist eine Sache. Aber wir haben so eine große Familie, alle sind hier. Auch meine Freunde aus der Jugendzeit sind alle noch da. Deswegen war für mich immer klar, dass ich spätestens nach der Karriere wieder hierher will.

Sie gelten als traditioneller und gläubiger Mensch.

Ja, das ergibt sich hier so. Und mir hat es immer gut gefallen, dass kirchliche Feste auch Familienfeste waren. Da sind dann alle zusammengekommen, wir haben draußen Räuber und Gendarm gespielt. Das war schön.

Lange haben Sie darauf nicht verzichten müssen. Bei Ihrer Rückkehr 2016 wurden Sie beim EHC Red Bull München fündig.

Das war optimal, dass es so nah funktioniert hat und bei so einem guten Team. Ehrlich gesagt wusste ich damals nicht so viel über den Club. Aber es war schnell klar: Mit den anderen brauchen wir gar nicht zu reden. Aufgrund der Nähe zur Familie und den vielen Freunden habe ich inzwischen auch einen kleinen Nebenjob. Fragen Sie mal beim Ticketing unseres Clubs nach. Ich glaube, keiner muss so viel Karten besorgen wie ich.

Und die Familie mittendrin?

Vor allem meine Eltern. Die schauen oft vorbei. Bei den Spielen am Sonntagnachmittag ist das nicht so einfach, weil sie um 17 Uhr zum Kühemelken am Hof sein müssen. Aber bei den Abendspielen sind sie oft da.

Sieht man Sie selbst bei der Arbeit am Hof?

Ach, wenn Not am Mann ist, dann packe ich schon mit an. So wie früher ja auch. Wenn wir im Sommer öfter da sind, dann richte ich mir im Stadl mein Gym ein mit Hanteln und Ähnlichem. Wenn man ein bisschen kreativ ist, dann kann man die Sachen hier gut nutzen. Klimmzüge an der Gabel vom Bulldog zum Beispiel. (Schaut auf seine Oberarme) Der Sommer war gut.

Was sagt Ihre Familie zum Leben am Hof?

Denen gefällt das. Meine Tochter kann draußen spielen. Da sind hunderte Meter Wiesen, bis da eine Straße kommt. Bis dahin hat man sie schon wieder eingefangen. Und meiner Frau gefällt das auch. Das Traditionelle. Sie hat schon sieben oder acht Dirndl. Zwei hat sie sogar selbst genäht.

Konrad Abeltshausers zweite sportliche Liebe ist der EC Bad Tölz, der Verein, in dem seine sportlichen Wurzeln lagen. Schon mit vier Jahren stand er bei der Ausbildungsstätte so vieler Toptalente auf dem Eis. Und die Verbindung ist nie abgerissen.

Wann kam bei Ihnen der Punkt, an dem klar war: Da könnte mehr gehen?

Das war sehr spät, mit 14, 15 vielleicht. Da haben dann die Träume angefangen. Dass ich vielleicht nach Kanada gehen könnte. Dort sind die Träume dann natürlich größer geworden bis hin zum Gedanken an die NHL. Bei uns hat das keiner wirklich einschätzen können. Aber für mich war eh immer klar, dass ich halt in Tölz in der Ersten spielen will. An etwas anderes habe ich überhaupt nicht gedacht. Gut, das hat nicht funktioniert. Auch deswegen würde ich gerne irgendwann am Ende meiner Karriere noch einmal in Tölz spielen.

Das Schicksal des Aus- bildungsclubs?

So ist es. Gerade für kleinere Clubs ist es schwierig. Bad Tölz hat schon so viele erfolgreiche Profis rausgebracht, das ist unbeschreiblich. Aber es ist einfach so: Die allerbesten eines Jahrgangs spielen häufig nie für die erste Mannschaft, weil sie vorher schon weggehen und ihr Glück woanders suchen.

So wie es bei Ihnen passiert ist. Aber der Kontakt ist nie abgerissen.

Ja, den habe ich heute noch. Auch wenn es sich im Moment natürlich vor allem darauf beschränkt, dass ich mal vorbeischaue, vielleicht ein paar Autogramme schreibe. Bei Nachwuchs-Turnieren bin ich meistens dabei. Die liegen zeitlich oft gut. Seit 2016 ist Abeltshausers sportliche Heimat München. Bei allen vier Meisterschaften des EHC Red Bull war er mit von der Partie.

In München wurden Sie vier Mal Meister, sind der Publikumsliebling. Eine schöne Bilanz?

Ja, das ist natürlich optimal gelaufen. 2016 war ich ja im Finale verletzt, aber das Jahr darauf hat es gleich wieder geklappt. Ich will das hier so lange wie möglich genießen. Und es freut mich auch, dass die Leute mich nehmen, wie ich bin. Dass ich so sein kann, wie ich bin. Ein bisschen ausgeflippt. Ein bisschen anders. Wenn mich dann mal jemand erkennt, dann fühle ich mich geschmeichelt. Und es ist doch toll, wie einfach man Freude bereiten kann. Mal in ein Handy reinlachen, ein Autogramm schreiben …

IIhr Club hat jetzt viele Veränderungen vor sich. Nächstes Jahr öffnet der SAP-Garden seine Tore.

Klar, das wird ein Riesensprung. Allein die Trainingsbedingungen. In der alten Halle ist der Kraftraum so klein, dass wir meistens in Gruppen trainieren müssen. Hantelstangen rollen davon, weil der Boden so schief ist. Die drei zusätzlichen neuen Eisflächen werden auch enorm helfen. Da kannst du gute Jugendarbeit machen. Aber ich spiele auch gerne in der alten Halle. Es ist halt die, die man von klein auf gekannt hat.

In Toni Söderholm ist nun ein Trainer da, mit dem Sie selbst gespielt haben. Ein Vorteil?

Das ist angenehm, klar. Auch wenn ich ihn noch nicht als Vereinstrainer erlebt habe. Ich denke, es wird härter werden. Intensiver. Der Don (Jackson) hat ja gerne mit Wiederholungen gearbeitet. Da gab es Übungen, die er gerne am Dienstag gemacht hat, andere, die meistens am Mittwoch gekommen sind. Du wusstest meistens, was auf dich zukommt. Das wird jetzt sicher anders. Jetzt kommt frischer Wind. Wir freuen uns darauf.

Fehlt nur noch Titel Nummer fünf …

Ja, das wäre natürlich ein perfekter Abschluss in der alten Halle.

Interview: Patrick Reichelt

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