Kathrins Top-Vorlagen und Claudias Findungsph(r)ase

von Redaktion

TV-KRITIK

Obwohl sie von der FIFA veranstaltet wurde, war die WM eine klasse Veranstaltung – und Werbung für den Sport. Das Finale im Zweiten hat noch mal gezeigt, dass der Frauenfußball schlauere Expertinnen hat als der Männerfußball.

– Wie klug ist Kathrin Lehmann? Die ehemalige Bayern-Torfrau und Eishockey-Stürmerin ist Literaturwissenschaftlerin, Betriebswirtschaftlerin und Sportpädagogin. Damit ist sie als TV-Expertin völlig überqualifiziert. Aber wie sie ihr Wissen nutzt, um Fußball zu erklären, ist fabelhaft – zum Beispiel, wenn sie das trotz WM-Titel angespannte Verhältnis zwischen den Spanierinnen und ihrem Trainer analysiert: „Alleine, dass es keine herzlichen Bilder gab, zeigt: Da ist was nicht in Ordnung.“ Lustig ist die Schweizerin auch, wenn sie sich darüber amüsiert, dass sich der FIFA-Voldemort beim Endspiel nicht wichtig macht: „Gianni ist nicht da? Hat er das Mikro noch nicht an sich gerissen?“ Leider war ZDF-Moderator Sven Voss mit ihren Vorlagen gedanklich überfordert. Da hätte man sich Jochen Breyer als Sparringspartner gewünscht.

– Was ist die Stärke von Claudia Neumann? Sie ist maximal begabt darin, sich nicht darum zu scheren, was auf dem Rasen passiert. Wenn die Engländerinnen angreifen, erklärt sie die Stärken der spanischen Offensive. Und wenn Spanien das 1:0 schießt, schwärmt sie von der englischen Trainerin Sarina Wiegman. Aber die Claudia ist ja noch in der Findungsph(r)ase: „Die Engländerinnen finden, wie ich finde, auch nicht so sehr die Breite.“ Sie verteidigte ihren WM-Titel in Kompliziert-Deutsch souverän: „Da würde ein Elfmeter zu Recht gepfiffen werden können.“ Und: „Meine Tendenz geht gegen Elfmeter.“ Ja was denn nun, Claudia – für oder gegen Elfmeter? – Warum war alles halb so schlimm? Das ZDF hat seiner Sorgenkommentatorin Olympiasiegerin Josephine Henning zur Seite gesetzt, die das Schlimmste verhinderte. Wenn Josy mit ansteckender Begeisterung von den Spanierinnen schwärmte, glaubte man ihr das aufs Wort: „Da guck ich zu, wie sie sich so unglaublich schön da rausspielen.“ Und sie kennt sich aus: „Ich hab mit 70 Prozent dieser englischen Mannschaft zusammengespielt, und gegen die anderen 30 Prozent habe ich in der Liga gespielt.“ Da störte dann sogar Claudia Neumann nur noch ein bisschen. JÖRG HEINRICH

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