Budapest – Annett Stein, die Chef-Bundestrainerin des Deutschen-Leichtathletikverbandes, hatte da schon so eine Vorahnung. Beim Medientag in Erding vor der Weltmeisterschaft erzählte sie, dass sie sich genau angeschaut habe, welcher Athlet von den Medien angefragt worden war – und welcher eben nicht. Stein sprach von Geheimwaffen, die für positive Überraschungen sorgen können und nannte unter anderem Joshua Abuaku.
Am Montagabend stand Abuaku dann über beide Ohren grinsend in der Mixed Zone und ordnete seine historische Leistung mit ruhiger, kontrollierter Stimme ein. Als erster deutscher Läufer seit Harald Schmid vor 36 Jahren steht der Frankfurter in einem Finale über die 400 Meter Hürden. „Er ist mir natürlich ein Begriff, und ich weiß auch, dass es noch ein bisschen hin ist bis zu seinem deutschen Rekord“, sagte Abuaku: „Aber vielleicht komme ich ihm ja am Mittwoch schon ein bisschen näher.“ Der deutsche Rekord liegt bei 47,48 Sekunden, die persönliche Bestzeit von Abuaku, aufgestellt im Vorlauf, bei 48,32 Sekunden.
Seit sechs Jahren wird der 27-Jährige nun von Volker Beck, der 1980 für die DDR in Moskau Olympia-Gold über die 400 Meter Hürden gewann, trainiert. Der Coach und Athlet sprechen immer von einem „langfristen Plan“, den beide verfolgen. Ein Plan, der immer mehr aufgeht.
„Ich bin Ende 2017 zu meinem Trainer gekommen, damals bin ich zweieinhalb Sekunden langsamer gelaufen. Ich habe von der Grundmuskulatur wesentlich mehr drauf. Ich bin wesentlich fitter in der Ausdauer“, sagt Abuaku: „Schritt für Schritt sind wir die verschiedenen Bereiche angegangen. Deshalb hat es auch ein bisschen gedauert, bis ich auf diesem Niveau angekommen bin.“
Für den gebürtigen Oberhausener war das Halbfinale schon das große Ziel. Er merkte gleich zu Rennbeginn, dass die Konkurrenz „ordentlich Betrieb“ macht, lief rhythmisch nicht so stabil wie im Vorlauf.
Im Finale steht er nun zusammen mit Hürden-Gigant und Weltrekordhalter Karsten Warholm auf der Bahn: „Im Finale habe ich weniger Druck, ich habe nichts zu verlieren. Wenn ich auf der Bahn stehe, will ich auch als Erster ins Ziel kommen.“
Im Moment seines größten Erfolgs dachte Abuaku auch an die Menschen, die ihm immer zur Seite stehen. An seinen Vater, der täglich für ihn betet. „Es ist das Geilste, nach Hause zu kommen und zu wissen, dass meine kleine Tochter dasitzt. Und meine Frau, die jeden Tag 1000 Prozent gibt und mir das hier auch ermöglicht. Die Beiden sitzen gerade vor dem Fernseher, ich mache das auch für sie.“ Joshua Abuaku, ein Hürden-Star mit Bodenhaftung.
NICO-MARIUS SCHMITZ