„Nur noch der weiche und seichte Weg“

von Redaktion

Kritik am Nachwuchskonzept des DFB, das ab 2024 greifen soll – Neuendorf lobt Keßler

Berlin/Hamburg – Die geplante Reform im deutschen Nachwuchsfußball trifft bei Experten weiterhin auf Kritik. Nach den Ex-Nationalspielern Thomas Helmer und Dietmar Hamann haben nun auch Bundesliga-Trainer Steffen Baumgart sowie der österreichische Nationalcoach Ralf Rangnick Zweifel am Sinn der bevorstehenden Änderungen geäußert. „Wir sind eine Generation, die nur noch den weichen und seichten Weg geht“, sagte der Kölner Trainer Baumgart im WDR-Podcast Einfach Fußball. Und weiter: „Es ist doch nicht schlimm, wenn ein Kind verliert. Es muss doch lernen, mit Niederlagen umzugehen. Ich muss doch lernen, Spaß an dem Sport zu haben, nicht nur, wenn ich zehn Tore schieße.“

Hintergrund ist, dass der Deutsche Fußball-Bund (DFB) mit Beginn der Saison 2024/2025 neue Spielformen im Nachwuchsbereich bundesweit umsetzen will. Diese sehen im Kern kleinere Mannschaftsgrößen auf kleineren Spielfeldern vor und lösen die bisherigen Wettbewerbsangebote als feste Formate ab. Der am Montag vorgestellte DFB-Direktor für Nachwuchs, Training und Entwicklung, Hannes Wolf, hatte das Modell gepriesen.

So sollen zum Beispiel in der G- und F-Jugend keine Meisterschaftsrunden mehr ausgespielt werden, „um den Leistungsdruck zu minimieren und die sportliche Entwicklung der Kinder stärker in den Vordergrund zu rücken“, wie der DFB begründete. Stattdessen sind Spiele-nachmittage und Festivals mit mehreren Mannschaften und Spielfeldern vorgesehen.

Der frühere Bundesliga-Trainer Rangnick sagte laut einem Bericht von Sport inside des WDR, das Ergebnis, das Gewinnen müsse immer im Vordergrund stehen. Ex-Nationalspieler Helmer hatte die Reform gar als „grotesk“ bezeichnet, weil der Leistungsgedanke kaum noch zum Tragen komme. Wenn bei den jungen Menschen nicht zulasse, „da auch Fehler zu machen, eine Persönlichkeit zu entwickeln, glaube ich, geht das in die falsche Richtung“. Der heutige TV-Experte Hamann hatte erklärt: „Für mich: Ohne Ergebnis kein Erlebnis. Deswegen kann ich den Schritt, den der DFB gemacht hat, überhaupt nicht nachvollziehen.“

Das emotional behandelte Thema wird auch die noch zu bestellenden Geschäftsführerin oder Geschäftsführer weiter des DFB beschäftigen. Der Verband ist auf der Suche, nun hat sich Präsident Bernd Neuendorf lobend über Kandidatin Nadine Keßler (35) geäußert. „Sie wäre nicht bei uns auf dem Radar gelandet, wenn sie nicht auch sehr viele Attribute mitbringt in das Profil, was wir uns zurechtgelegt haben“, sagte Neuendorf am Rande des Sport Bild-Awards am Montagabend in Hamburg. „Der Name ist genannt worden, wir haben das auch bestätigt, dass wir mit ihr sprechen. Aber es ist nichts entschieden. Wir gucken in der Tat gerade weiter.“

Nach dem Aus der Männer-Auswahl bei der WM Ende 2022 in Katar hatte der damalige DFB-Direktor Oliver Bierhoff den Verband verlassen müssen. Der 55-Jährige hatte einen enorm großen Bereich verantwortet. Als Nachfolgerin für die dann modifizierte Geschäftsführungsposition wird unter anderem die frühere Weltfußballerin Keßler, bei der UEFA Direktorin für Frauenfußball, gehandelt.

DFB-Generalsekretärin Heike Ullrich hatte das Profil für diese offene Stelle so umrissen: „Es geht darum, Budget zu koordinieren, Personalverantwortung zu tragen“ und Führungskompetenzen mitzubringen, „um die Puzzleteile, die wir haben – den Jugendfußball, den Frauenfußball, den Männerfußball, den Fußball in Gänze im Leistungssportbereich auf Nationalmannschaftsebene inklusive Trainerausbildung – zusammenzuführen“. dpa

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