Den Ritterschlag von Steve Kerr haben die deutschen Basketballer nur noch aus der Ferne mitbekommen. Gegen ein so starkes Team, so hatte die US-amerikanische Trainerlegende den Deutschen nach dem Test in Abu Dhabi mit auf den Weg gegeben, habe man in diesem Sommer noch nicht gespielt. Bei der am Freitag beginnenden Weltmeisterschaft in Japan, Indonesien und den Philippinen sei die Auswahl seines Kollegen Gordon Herbert „definitiv ein Medaillenkandidat“. Womit er aussprach, worauf sich auch die Experten des Weltverbandes FIBA schon eine Weile festgelegt hatten. Die Dachorganisation führt Dennis Schröder & Co. in ihrem „Power-Ranking“ als Nummer fünf. Und langsam aber sicher verfestigt sich auch im Team selbst die Erkenntnis: Es wäre eine herbe Enttäuschung, wenn man in den Tagen in Asien dem zweiten Edelmetall der deutschen WM-Historie nicht zumindest nahe käme.
Ziemlich bemerkenswertes Neuland für den Deutschen Basketball Bund (DBB), der abgesehen von 2002 in Indianapolis (Platz 3) bei den Weltturnieren meist das Niemandsland fest für sich verbucht hatte. Und es gibt nicht wirklich viel, was ein Scheitern bei der WM erwarten ließe. Das DBB-Team 2023 hat einen breit aufgestellten, in NBA und Euroleague gestählten Kader. Dessen Geschicke nicht auf den Schultern eines Superstars ruhen wie einst auf jenen von Dirk Nowitzki. Selbst den umtriebigen Kopf Dennis Schröder – die Vorbereitung hat es gezeigt – kann das neue Team zumindest zeitweise ersetzen.
Das ist ein Ergebnis der Nachwuchskonzepte, die der DBB und die Bundesliga vor einigen Jahren gemeinsam entwickelten. Die Clubs der Eliteklasse – allen voran Alba Berlin – bilden auf breiter Basis Talente aus. Talente, die nicht zuletzt dank der geltenden Quotenregeln in der Bundesliga auch frühzeitig die dringend benötigten Einsatzminuten auf hohem Niveau sammeln. Und was noch besser ist: Ein baldiges Ende des Aufschwungs ist nicht zu befürchten. Denn auch der Blick nach unten, zeigt Verheißungsvolles. Erst vor wenigen Wochen holte die deutsche U18-Auswahl um Bayern-Entdeckung Ivan Kharchenkov bei der Europameisterschaft in Nis Bronze und musste sich im gesamten Turnier nur Gastgeber und Titelträger Serbien geschlagen geben.
Klingt so, als würde Steve Kerr auch in Zukunft genau hinschauen bei den deutschen Basketballern.
patrick.reichelt@ovb.net