Budapest – Die eigenen Speere noch nicht da, leichte Probleme mit der Markierung, der beste der drei Versuche 82,39 Meter weit. Der Start in die Weltmeisterschaft für Julian Weber verlief holprig, für das Finale soll das aber kein schlechtes Omen sein. Im Gegenteil. „Ich bin es ziemlich entspannt angegangen. Ich hätte gern ein bisschen weiter geworfen, aber das hebe ich mir dann für Sonntag auf.“
Die mentale Stärke ist da. Vor wichtigen Wettkämpfen schaut Weber gerne Motivationsvideos, wie er im Gespräch mit unserer Zeitung erzählte: „Es gibt ein älteres Video ‘You vs. Me‘ vom amerikanischen Speerwerfer Cyrus Hostetler. Das fand ich früher genial und habe es mir mega oft angeschaut. Das war eine riesige Motivation für mich.“ In dem Video sind alle Speerwurf-Stars der damaligen Zeit mit ihren Highlights zu sehen. Webers Vater schnitt das Video neu zusammen, mit den besten Momenten seines Sohns.
Dazu zählt sicherlich auch der vergangene Sommer in München. Weber krönte sich zum Europameister, ließ anschließend die Muskeln spielen und sich von 40 000 Menschen im Olympiastadion feiern. Ein Moment mit Nachklang. „Das hat mich über den ganzen Winter motiviert, noch härter zu trainieren und alles reinzuhauen“, sagt der Mainzer unserer Zeitung: „Der Erfolg in München hat mir Selbstbewusstsein gegeben und meine Position noch gestärkt.“
Weber ist ohne Verletzung durch die Saison gekommen, konnte so hart trainieren, wie er sich das vorgenommen hat. In Kassel warf der 28-Jährige 88,72 m weit, nur die Gold-Favoriten Neeraj Chopra (88,77 m) und Jakub Vadlejch (89,51 m) können das 2023 toppen. Genau die beiden beobachtete Weber auch bei einem Trainingslager in der Türkei – und passte seine Technik noch mal an. „Den Rotationswurf hatte ich schon länger im Blick.“ Doch mit der Umsetzung begann er erst in diesem Jahr. Weber spricht von Nuancen, die im Ablauf verändert werden. Wenige Grad, die man mehr rotiert: „Man kann das nicht auf Anhieb übertreiben, sonst würde die Technik gar nicht mehr funktionieren.“ Durch den Rotationswurf „ist man länger hinten“, sagt Weber, der Beschleunigungsweg wird länger und der deutsche Hoffnungsträger kommt in eine bessere Abwurfposition.
In den letzten Jahren ist Weber immer mehr in den Mittelpunkt gerückt. Lange Zeit standen unglückliche vierte Plätze bei Saisonhöhepunkten. Wie bei der WM in Eugene letztes Jahr, als er in der Qualifikation überragte und dann im Finale keinen draufsetzen konnte. In Budapest soll das dieses Jahr genau anders rumlaufen. Der amtierende Europameister will wieder im Rampenlicht stehen.
„Ich genieße die Aufmerksamkeit“, sagt Weber. Es sei mittlerweile eine andere Situation als vor ein paar Jahren. „Das bringt teilweise etwas Druck mit sich, aber ich bin da relativ locker. Dass ich auch in der Welt ganz vorne bin, ist mega cool.“ Neben der körperlichen Fitness läuft auch im privaten Umfeld „alles super“, wie Weber betont. Die Rahmenbedingen stimmen also, für die Mission WM-Medaille.