Nicht nur in Spaniens Fußball

Heldinnen und Pantoffelhelden

von Redaktion

GÜNTER KLEIN

Spaniens Fußballerinnen sind vor gut einer Woche Weltmeisterinnen geworden. In den ersten Tagen danach schien es, als würde ihnen ihr Verbandspräsident Luis Rubiales mit seinem selbstsüchtigen Gebaren den Triumph vermiesen, doch mittlerweile lässt sich sagen: Die Frauen haben einen weiteren Sieg folgen lassen. Mit klarer Haltung und beispielloser Solidarisierung untereinander haben sie sich dem Fußball-Patriarchat in ihrem Land entgegengestellt, obwohl einige Herren das ganze Instrumentarium der Beeinflussung und Unterdrückung auszuspielen versuchten. Spaniens Fußballerinnen sind Heldinnen. Was für eine beeindruckende Zahl: 81 Spielerinnen, die sagten: Mit uns unter diesen Umständen nicht mehr.

Zur Wahrheit des Falles Rubiales gehört aber auch, dass von Spaniens Männern bis auf vereinzelte Wortmeldungen ehemaliger Spieler wie Xabi Alonso wenig kam; aus dem Dunstkreis der Nationalmannschaft war es nur einer mit bislang zwei Länderspielberufungen, der seine vorbehaltlose Unterstützung bekundete. Ist diese Zurückhaltung einer Machokultur geschuldet, die man den Iberern nachsagt, halten die Stars etwa an überholten Rollenmustern fest? Nun, es scheint nicht unbedingt landestypisches Verhalten zu sein. Auch von woanders her kam wenig: In Deutschland zum Beispiel gab es unsägliche Äußerungen von Karl-Heinz Rummenigge. Und wer gehofft hätte, dass am Samstag im ZDF-Sportstudio Oliver Ruhnert, Manager von Union Berlin und eine interessante Persönlichkeit als Amateur-Schiedsrichter und Linken-Lokalpolitiker, sich so positionieren würde, wie das ein gerecht denkender Mensch tut, wurde enttäuscht: Der Berufskritiker eierte herum bei der Frage, ob der Fußball zu wenig Frauen in Führungspositionen hat, was an seiner Kultur etwas verändern könnte. Ein weiterer Pantoffelheld.

Es fällt auf, dass im Fußball Frauen sich mehr trauen. Experten (männlich) bleiben bei ihren Urteilen oft im Vagen, sie sind integriert in alte Seilschaften, Ziel der Einschätzung ist, es sich mit niemandem zu verderben: Expertinnen (weiblich) sind in ihrer Ansprache klarer und zur Konfrontation bereit, denn sie wissen, sie dienen dem Publikum.

Die Fußballer sollten erkennen, dass das Spiel und die Deutungshoheit darüber nicht mehr ihnen alleine gehören, sondern dass sie das Wachstum der Sparte Frauen und Mädchen brauchen, damit ihr Sport der größte in der Welt bleibt. Andere Sportarten haben die Segnung des solidarischen Miteinander schon längst erkannt.

Guenter.Klein@ovb.net

Artikel 1 von 11