Madrid – Die Mama sperrte sich wegen der „unmenschlichen und blutigen Jagd“ auf ihren Sohn für einen Hungerstreik in der Kirche ein, die Cousine hielt vor versammelter Presse eine flammende Verteidigungsrede: Die Familie kämpft mit allen Mitteln für Luis Rubiales – und doch dürften dessen Tage als Boss des spanischen Fußballverbandes gezählt sein. Der Sportgerichtshof TAD befasste sich am Montag mit dem Kuss-Skandal, auch die RFEF lud zu einer außerordentlichen Sitzung. Bereits am Wochenende war Rubiales vom Weltverband FIFA für 90 Tage vorläufig gesperrt worden, zusätzlich wurde ihm ein Kontaktverbot zu Jennifer Hermoso auferlegt. Der Verbandspräsident hatte die Weltmeisterin bei der Siegerehrung nach dem WM-Triumph übergriffig auf den Mund geküsst und damit einen weltweiten Sturm der Entrüstung ausgelöst.
Einen freiwilligen Rücktritt verweigerte er, setzte stattdessen zu einer kruden Verteidigungsrede an. Rubiales’ Mutter schloss sich mit ihrer Schwester in ihrer Heimat Motril in der Kirche ein und kündigte bei der spanischen Nachrichtenagentur EFE an, solange nichts zu essen, bis ihrem Sohn endlich Gerechtigkeit widerfahre. Unweit der Kirche wurden Protestbotschaften gegen Rubiales mit Graffiti auf Mauern gesprüht. Rubiales werde „gelyncht“, klagte sein Cousin Demelza Bejar. „Seine Familie leidet sehr mit ihm. Er ist vor seiner Zeit verurteilt worden. Wir wollen, dass sie uns in Ruhe lassen“, sagte seine Cousine Vanessa Ruiz emotional: „Jenni, wir wollen, dass du die Wahrheit sagst.“ Diese hatte sich als Opfer eines Übergriffs gefühlt.
Die norwegische Verbandschefin Lise Klaveness verurteilte den Kuss- aufs Schärfste. „Ein Jahrhundert der Frauenfeindlichkeit überschattet wieder einmal die Freude am Spiel, den Stolz der Nationalmannschaft und die bemerkenswerten Leistungen auf dem Spielfeld“, schrieb die 42-Jährige in einer Stellungnahme. Der Vorfall werfe „ein Schlaglicht auf die schädliche Handhabung, die den Ruf des Sports befleckt und systemische Probleme aufdeckt“. sid