Okinawa – Die Medaillenmission läuft nach Plan. Die deutschen Basketballer sind für die nächste Runde qualifiziert. Unsere Zeitung hat Andreas Obst, Isaac Bonga und Niels Giffey auf Okinawa befragt – und eine sehr entspannte FC-Bayern-Fraktion getroffen. Ein Gespräch über Vorbilder aus der NBA, über Obsts Wurfkünste auf Weltklasse-Niveau und über Samuraikämpfer am Sandstrand.
Platz drei bei der Europameisterschaft war quasi der Auftakt der WM-Mission: Wo bewahren Sie Ihre Bronzemedaille auf?
Obst: Zu Hause im Wohnzimmer bei mir. Neben dem Fotobuch der EM und noch ein, zwei Medaillen.
Giffey: Bei meinen Eltern. Die haben all den Kram, den man über die Jahre gesammelt hat, in einer kleinen Ecke.
Isaac Bonga, was rührt sich da bei Ihnen bei diesen Geschichten? Sie haben die EM wegen eine Verletzung verpasst.
Bonga: Einerseits bitter, auf der anderen Seite natürlich schön zu hören, weil sie wirklich einen guten Job gemacht haben. Das Gute für mich: Ich konnte aus der Fanperspektive zuschauen, und die Spiele haben wirklich Spaß gemacht.
Biathletin Laura Dahlmeier hat mit sieben Jahren ins Freundschaftbuch geschrieben, sie will Olympiasiegerin werden. Wovon haben Sie geträumt?
Obst: Als Kind spielt man sich das im Kopf auf dem Freiplatz vor, wie es ist, vor ausverkauftem Haus für Deutschland zu spielen. Aufgeschrieben habe ich das nie.
Bonga: Bei mir natürlich der NBA-Traum. Ich hab’ früher immer viel Magic-Johnson-Videos angeguckt. Ein großer Aufbau mit Passqualitäten. Das hat gepasst.
Zuletzt hat man Sie in Expertenkreisen mal mit Draymond Greene von den Golden State Warriors verglichen, einem der besten Verteidiger der Welt. Sie sind ähnlich vielseitig. Können Sie sich was abschauen?
Bonga: Ich schaue nicht wirklich Sachen von Draymond, aber das war schon immer eine meiner Qualitäten. Ich nehme sehr viel Stolz in meine Defense. Auch das Spiel zu gestalten, das hatte ich früher schon und versuche jetzt, beides zu nutzen.
Sie, Herr Obst, sind DER Wurfexperte im deutschen Basketball: Wann haben Sie sich spezialisiert?
Obst: Der Wurf war immer schon meine Stärke. Damals in der JBBL (U 16-Bundesliga/Anm. d. Red.) zockt jeder bisschen rum und spielt. Danach wird man als Rookie in der Profimannschaft mehr als Werfer eingesetzt. Da wird man ein bisschen in die Rolle reingesteckt, bevor man die Verantwortung bekommt, den Ball zu dribbeln. Ich hab mir viele Vorbilder in Europa gesetzt. Spieler wie Jaycee Carroll, weil ich mir dachte, das ist ein geiler Job, den die machen, sehr beeindruckend.
Wie viel Einfluss von außen steckt in Ihrem Wurf?
Obst: Technik und Touch habe ich mir angeeignet oder dem eigenen Gefühl überlassen. Aber Dinge wie: Wie nutzt man Blöcke? Wo laufe ich da raus? Das habe ich mir bei Spielern abgeschaut. Ich bin nicht nur der Typ, der nach dem Fangen wirft, sondern auch mal nach dem Dribbling oder aus dem Pick and Roll. Da schaut man auf viele Leute, ob es Steph Curry ist oder andere gute Spieler. Um ein Gefühl zu bekommen. Es gibt keinen Wurf, bei dem ich sagen würde, ich fühle mich unwohl.
Ihre Zahlen sind beeindruckend: Bei der EM waren Sie der Beste, wenn es um Treffer nach diesen indirekten Blöcken geht. In Ihrer DBB-Karriere treffen Sie 43 Prozent ihrer Dreier, alles über 40 Prozent ist Weltklasse. Haben Sie das Gefühl, dass sie bei der WM noch härter verteidigt werden?
Obst: Man merkt schon, dass alles bisschen schwieriger und enger ist. Du musst mehr drauf achten, wie du aus dem Block raus kommst. Du merkst, dass die Gegner dich beobachten. Trotzdem ist das für uns ganz gut, weil ich zum Beispiel Räume für Dennis (Schröder, d. Red.) öffne. Die Optionen ergeben sich trotzdem. Dann muss man halt ein bisschen enger verteidigt treffen.
Was bedeutet das Nationalteam für Sie?
Obst: Eine Kombination aus vielem. Wir kennen uns seit vielen Jahren und freuen uns, die Zeit miteinander zu verbringen. Auch als Mannschaft auf dem Feld zu stehen, Deutschland zu vertreten, das Bestmögliche herauszuholen und sich mit den Besten in Europa und der Welt zu messen.
Bonga: Patrick Femerling hat das in der Jugendnationalmannschaft immer gut erklärt. Für uns ist das ein Privileg, unser Land zu repräsentieren. Wir kennen uns schon so lange. Es macht Spaß, zusammen abzuhängen.
Es gibt die ALBA- und die Bayern-Fraktion im Team: Wer zieht da wen auf?
Bonga: Niels kann das gut.
Sie waren Kapitän von ALBA Berlin …
Giffey: Es macht auf jeden Fall Spaß. Gerade für mich mit Vergangenheit auf beiden Seiten. Trotzdem merkt man, dass es in der Nationalmannschaft klickt, dass solche Sachen völlig egal sind. Das ist schön zu sehen auf dem Spielfeld.
Haben Sie gerade Kontakt nach München?
Obst: Nicht übermäßig viel. Man ist mehr im Hier und Jetzt und genießt die Zeit.
Wie sieht’s mit dem neuen Coach, Pablo Laso, aus?
Obst: Der schreibt ab und zu einmal Glückwunsch. Er verfolgt das schon.
Giffey: Er hat einen Gruppenchat mit uns Dreien aufgemacht. Man weiß aber nicht, ob er für die Spanier oder die Deutschen ist.
Sie haben den Sommer praktisch durchgearbeitet: Wie viel Urlaub hat man eigentlich?
Obst: Der Sommer war bisher schon länger als erwartet nach dem frühen Ausscheiden. Die Zeit hat man ein bisschen genutzt. Das Ende war zwar nicht toll, aber es hatte auch was Gutes: Regenerieren und Körper aufbauen. Ich schaue nicht so drauf, wie viel ich frei bekomme, sondern versuche, die kleinen Dinge gut zu machen. Gut schlafen, gut essen.
Gab’s einen Moment, an dem Sie gemerkt haben: Wir sind in Japan?
Obst: An dem Morgen, an dem ich zum Strand gelaufen bin, sehe ich da um sieben Uhr einen älteren Herren. In einem Karateanzug und mit einem Nunchaku trainieren. Auf einmal packt er noch sein Samuraischwert aus und machte Trockenübungen damit. Am anderen Tag bin ich mit meiner Freundin rumgelaufen. Da stand einer unter einem Baum und übt Karatefiguren. Das fand ich ziemlich cool. Da hat man gemerkt, dass Kampfsport sehr zur Kultur gehört.
Giffey: Die Menschen hier sind sehr freundlich, lieb, megahöflich, überhöflich sogar. Das ist sehr angenehm.
Die Insel trägt den Spitznamen „Mallorca der Japaner“: Was haben Sie hier erlebt?
Obst: Wir waren am ersten Tag früh wach und wussten nicht so recht, was wir machen sollten. Da war es nicht schlecht, ein bisschen rauszukommen. Wir sind am Strand spazieren gewesen. Bei uns um die Ecke ist das American Village, da gibt’s paar Restaurants und Cafés, da kann man sich die Zeit vertreiben. Ansonsten haben wir nicht so viel Zeit.
Giffey: Wir sind eher bei uns in der Gegend. Auf der Strandpromenade ist es super schön, da kannst du auch mal runterkommen. Ich weiß nicht, ob das Mallorca oder doch eher Hawaii ist.
Interview: Andreas Mayr