Als der DFB 2014 seinen vorläufigen Kader für die Weltmeisterschaft in Brasilien bekannt gab, wandte er erstmals einen Darstellungstrick an. Weil er als ausgewiesenen Stürmer nur den altgedienten Miroslav Klose und zunächst auch noch Kevin Volland hatte, fasste er zwei Mannschaftsteile zu einem zusammen: „Mittelfeld/Angriff“. Denn das hätte so verloren gewirkt: Vorne nur ein Name, denn der andere wurde noch gestrichen, als die endgültige Nominierung erfolgte. Jetzt verwischt der Deutsche Fußball-Bund die Grenzen noch weiter. Die 24 Spieler, die zu den Partien gegen Japan und Frankreich eingeladen werden, gehören folgenden Gruppen an: Torhüter, Defensive, Offensive. Drei plus zehn plus elf. Als solle es in der Grafik so aussehen, dass Deutschland auf keiner Position einen Mangel zu beklagen hat.
Dabei ist die Einteilung reine Willkür. Joshua Kimmich, der sich als Antreiber sieht und keine offensive Standardsituation auslässt, wird in der „Defensive“ gelistet, wie auch Felix Nmecha, den Dortmund als Nachfolger des klassischen Achters Jude Bellingham eingekauft hat. Hingegen steht Ilkay Gündogan bei „Offensive“, obwohl er in der Nationalmannschaft nie so weit vorne hat spielen dürfen wie in seinen besten Jahren bei Manchester City. Es entsteht halt der Eindruck: Man dreht es sich so hin, dass es plausibel aussieht. Wohin der Bundestrainer mit dieser Mischung will, ist nicht ersichtlich.
Der Kader für die September-Länderspiele sei „eine Momentaufnahme“, sagt er. Das klingt danach, als verschiebe er das Finden einer Kernmannschaft weiter nach hinten. Auch die Kriterien, die die Personalauswahl für die anstehende Maßnahme motivierten, sind wolkig. Man habe nach den März- und Juni-Auftritten „Energie und Einstellung“ analysiert. Das lässt vermuten, dass die prominenteren Spieler, die nun fehlen, der Stinkstiefelei verdächtig wären – was man sich etwa bei einem duldsamen Menschen wie Matthias Ginter, der trotz einer Einsatzminute aus insgesamt drei WM-Teilnahmen immer wieder antritt, nicht vorstellen kann.
Auf den England-Legionär Pascal Groß darf man sich freuen, auch wenn er absehbar nicht der Heiland des deutschen Fußballs sein wird. Es ist halt der wohl letzte Versuch, dem Kader ein kleines Stück Spezialqualität zu geben. Das Personalangebot ist, wie es ist. Ein einziges großes Gemenge, das nicht allzu viel Hoffnung macht.
Guenter.Klein@ovb.net