Regel-Experimente hinter der Bezahlschranke

von Redaktion

Die Champions League will das Eishockey attraktiver machen – München startet in Tschechien

München – Am Freitag um 18.30 Uhr wird der Puck eingeworfen im tschechischen Vitkovice, und wer sehen will, wie sich der EHC Red Bull München zum Auftakt der Champions Hockey League (CHL) macht, muss mit einer Neuerung klarkommen: Das kostet jetzt.

In der Vergangenheit war die CHL leicht zu finden. Sport1 übertrug in Deutschland entweder live im linearen Fernsehprogramm oder bot einen Livestream an, und die Website der Champions League ermöglichte gratis den Einblick in alle weiteren Partien. Nun sind die Übertragungsrechte an sportdeutschland.tv gegangen – wo sie hinter der Bezahlschranke stehen. Sechs Euro werden für das Einzelspiel fällig, 25 Euro kostet ein „Follow Your Team“-Pass, 45 Euro das Komplettpaket für die gesamte Liga. Wenn man bedenkt, wie schwer sich die 2014 gegründete Eishockey-Königsklasse tut, Zuschauer in die Stadien zu locken, darf am kommerziellen Erfolg für den neuen Rechteinhaber gezweifelt werden.

„Wir wollen anders sein, wir bieten etwas Neues an“, sagt Martin Baumann, der Schweizer Chef der CHL. Er bezieht sich damit allerdings weniger auf die deutsche Fernsehsituation als auf das Format: Man ist von 32 auf 24 Teilnehmer, zehn von ihnen Landesmeister, heruntergegangen, das soll den sportlichen Wert steigern. Und: Man wagt eine wirkliche Neuerung. Die CHL weicht dabei von bislang ehernen Regelgrundsätzen des Eishockeys ab.

In allen Ligen gilt: Hat eine Mannschaft eine zweiminütige Überzahl und erzielt ein Tor, darf der Gegner wieder komplett aufs Eis. Die CHL setzt das für diese Saison aus: Es geht weiter mit der Chance auf Powerplay, es können weitere Tore im Überzahlspiel fallen.

Zweiter Punkt: Gelingt der Mannschaft, die sich in Unterzahl befindet, ein Tor (Fachbegriff „Shorthander“), wird sie mit Aufhebung der Strafzeit belohnt. Normal bliebe sie reduziert.

Der Weltverband IIHF war nicht begeistert vom Regel-Alleingang der CHL. „Doch die NHL wird darauf schauen“, sagt der nordamerikanische Eishockey-Kommentator Gord Miller: „Ich will Tore und aufregende Aktionen sehen, vor allem erwarte ich, dass das Unterzahlspiel aggressiver wird. Die Trainer werden sich auf die Regeln schnell einstellen und im letzten Drittel in den Special Teams ihre begabtesten Spieler aufs Eis schicken.“ Tobias Salmelainen von IFK Helsinki, der die Sonderregeln mit ausgetüftelt hat, meint: „Wir sind im Unterhaltungsgeschäft und kämpfen um die Zeit der Menschen. Es kann keine geeignetere Plattform geben, als es mit den besten Teams Europas zu tun.“

Einen Testlauf gab es beim Red-Bull-Salute-Turnier, bei dem auch München am Start war. EHC-Trainer Toni Söderholms erster Eindruck: „Das bringt ein neues Element ins Spiel.“ Zu sehen allerdings nur im Pay-TV. GÜNTER KLEIN

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