München – Thomas Tuchel (50) war sichtlich bemüht, seine Nervosität zu verbergen, als am Freitagvormittag das Podium im Pressestüberl an der Säbener Straße betrat. Das Transfer-Fenster schloss am gleichen Tag um 18 Uhr – und Tuchel konnte zu diesem Zeitpunkt weder bei Wunsch-Sechser Joao Palhinha (28/FC Fulham) noch bei einem der Abwehr-Kandidaten um Trevoh Chalobah (24/FC Chelsea) und Armel Bella-Kotchap (21/FC Southampton) Vollzug vermelden. „Es läuft auf eine Last-Minute-Entscheidung hinaus, wir wollen uns nicht zu sehr ablenken“, sagte Tuchel, als er auf Palhinha angesprochen wurde. „Es ist aufregend und bleibt spannend. Aber es wird wohl noch ein paar Stunden dauern.“
Um 18 Uhr war klar: Der FC Bayern konnte bis zum Transferschluss in Deutschland keinen der anvisierten Wunschtransfers finalisieren. Besonders bitter: Der Wechsel von Palhinha platzte, obwohl der Portugiese bereits in München weilte und seinen Medizincheck absolviert hatte. Ein Vertrag für den defensiven Mittelfeldspieler bis 2028 war bereits ausverhandelt. Sky-Fotos zeigten um 17.43 Uhr sogar einen Bayern-Mitarbeiter mit dem vermeintlichen neuen Trikot Palhinhas auf dem Vereinsgelände an der Säbener Straße. Alles war angerichtet.
Doch Fulham ließ den Transfer, der dem Premier-League-Club rund 65 Millionen Euro einbringen sollte, scheitern. Die Engländer konnten in der Kürze der Zeit keinen geeigneten Ersatz für Abräumer Palhinha finden. Der deutsche Rekordmeister suchte nach den Abgängen von Benjamin Pavard (27/Inter Mailand) und Josip Stanisic (23/verliehen nach Leverkusen) bis zuletzt auch noch einen Abwehrspieler, der rechts außen und innen verteidigen kann. „Das ist eine große Lücke, die da klafft“, sagte Tuchel.
Sowohl Chalobah als auch Bella-Kotchap wären per Leihe zu haben gewesen. Im Laufe des Tages kristallisierte sich s heraus, dass die Bayern gerne den deutschen Nationalspieler geholt hätten. Doch auch der Wechsel des Ex-Buchumers Bella-Kotchap, der für eine Leihgebühr von 3,5 Millionen Euro zu haben gewesen wäre, scheiterte. Der FC Bayern kontaktierte sogar das Management von Joao Cancelo (29), um sich nach einer erneuten Leihe zu erkundigen. Doch der flexibel einsetzbare Außenverteidiger stand zu diesem Zeitpunkt bereits unmittelbar vor einem Wechsel von Manchester City zum FC Barcelona. Passt ins Bild dieses so verrückten Transfer-Finales. Kein Palhinha, kein Bella-Kotchap, kein Chalobah, kein Cancelo.
Auf der Pressekonferenz verabschiedete Tuchel vor dem Spiel am Samstag (18.30 Uhr) in Mönchengladbach schon mal Ryan Gravenberch (21). Der Niederländer wechselt nach nur einem Jahr in München zum FC Liverpool. Die „Hauptproblematik“ in München sei für den Spieler gewesen, dass es die offensive Achterposition im Bayern-Spielsystem nicht gebe, sagt Tuchel. „Ryan sieht im 4-3-3 in Liverpool die Möglichkeit, um seinen Platz zu kämpfen.“ Für Gravenberch überweist der Premier-League-Club von Trainer Jürgen Klopp (56) bis zu 45 Millionen Euro Ablöse.
Auch Juwel Paul Wanner (17) hat den FC Bayern am sogenannten Deadline Day verlassen. Zumindest temporär. Der Mittelfeldspieler wird bis Saisonende an Zweitligist SV Elversberg verliehen, um Spielpraxis zu sammeln. Arijon Ibrahimovic (17) wurde ebenfalls per Leihe abgegeben und zwar an Frosinone Calcio in die Serie A. MANUEL BONKE, PHILIPP KESSLER