„Ein Junge, der Bock hatte, zu zocken“

von Redaktion

Sein ehemaliger Mitspieler Ralph Gunesch über den zum DFB eingeladenen Pascal Groß

München – Pascal Groß (32) ist die Nominierungsüberraschung von Hansi Flick für die Heim-Länderspiele gegen Japan (Samstag, 20.45 Uhr) in Wolfsburg und Frankreich (Dienstag, 12. September, 21.00 Uhr) in Dortmund. Seit 2017 spielt er für Brighton & Hove Albion in England, ist aus dem deutschen Alltags-Fokus verschwunden. Wer Groß gut kennt, ist Ralph Gunesch (40). Der frühere Verteidiger, heute im Trainerstab von Eintracht Frankfurt tätig, verbrachte mit Groß beim FC Ingolstadt zwei gemeinsame Jahre, die 2015 im Aufstieg in die Bundesliga mündeten. Gunesch beendete anschließend seine Karriere, Groß bestritt die zwei Bundesligajahre mit Ingolstadt und wechselte nach dem Abstieg 2017 in die Premier League.

Herr Gunesch, wer Pascal Groß im Team des FC Ingolstadt sah, erinnert sich an einen Spieler, der fußballerisch herausstach.

Absolut. Pascal zeigte in der Ballbehandlung herausragende Fähigkeiten. Er hatte den Kopf immer oben, denn er war einer der Fußballer, bei denen der Ball macht, was sie wollen und nicht umgekehrt. Sein erster Kontakt und der rechte Fuß bei Standards waren auffallend gut.

Woher kam’s?

Pascal kam aus Karlsruhe zu uns, mit Hakan Calhanoglu (heute bei Inter Mailand, d. Red.) und einigen anderen gehörte er zur goldenen Generation des KSC. Nach dem Training, so hat er es erzählt, sind Hakan und er immer noch auf den Bolzplatz gegangen, wo sie 50 bis 70 Freistöße getreten haben, und das über Jahre. Dieser Wiederholungszyklus hat sich ausgezahlt.

Wie war er als Typ?

Er war ein junger Kerl, als er nach Ingolstadt kam. Er war jetzt nicht der Erste, der zum Training erschien, aber kein notorischer Zuspätkommer, sondern kurz vor knapp pünktlich. Aber er war ein Junge, der Bock hatte, zu zocken. Er ist noch so ein Straßenfußballer, wie wir sie heute vermissen, und er war unbequem auf dem Feld, vom Ehrgeiz zerfressen. Als Verteidiger musste ich oft gegen ihn im Training spielen.

Dann lieber Mit- als Gegenspieler.

Was ihn auch auszeichnete bei uns: Er konnte den Ball halten. Ich habe mir ab der 70. Minute immer genau überlegt, wen ich anspiele. Pascal hatte eine ähnliche Qualität wie Max Kruse, mit dem ich beim FC St. Pauli war. Beide waren nicht die Sprinter, aber sie sind 100 Minuten durchgelaufen und hatten spät im Spiel auch noch die volle Konzentration. Pascal Groß ist sehr ausdauernd. Und er hatte einfach ein Gespür für den Raum.

Was ist seine beste Position?

Er kann auf der 6, der 8 und der 10 spielen, bei Brighton wurde er sogar als das Spiel machender Rechtsverteidiger eingesetzt. Ich bin auch gespannt, was Flick mit ihm vorhat. Es freut mich , dass es für Pascal mit der Nationalmannschaft noch klappt.

Was hat ihm der Wechsel nach England gebracht?

Außer viel Geld? Wettkampfhärte. Und er ist gereift, hat jetzt Familie, strahlt Gelassenheit aus. Vor ein paar Wochen habe ich mit ihm telefoniert – und mit einem erwachsenen Mann gesprochen.

Er hatte vor sechs Jahren sicher auch Bundesliga-Angebote…

Wenn Leute sagen, er solle sich erst in der Bundesliga bewähren, dann verweise ich darauf, dass er sich in einer der besten Ligen Europas durchgesetzt hat. Robin Gosens ist auch über das Ausland Nationalspieler geworden.

Interview: Günter Klein

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