München – Einige Tage liegt das Transfer-Desaster des FC Bayern nun schon zurück – und trotzdem ist der „schwarze Freitag“ des deutschen Rekordmeisters das bestimmende Thema in der Fußball-Republik Deutschland. Daran ändert auch der jüngste 2:1-Auswärtssieg gegen den Angstgegner aus Mönchengladbach nichts. Und das hat freilich auch mit Ehrenpräsident Uli Hoeneß (71) zu tun.
Nachdem sich über das Wochenende verteilt Vorstandschef Jan-Christian Dreesen (56), Trainer Thomas Tuchel (50) und Präsident Herbert Hainer (69) in diversen TV-Auftritten zur Thematik geäußert hatten, legte Hoeneß am Montag in der SZ nach und gab dabei die künftige Marschroute bei Transfers vor: „Von Ausnahmefällen abgesehen, sollten wir in Zukunft am letzten Transfertag nicht mehr mitten im Geschehen sein. Früher haben wir über diesen Deadline Day gelacht.“
Nach vergangenem Freitag lachen viele nun über den FC Bayern, dem Trainer ist aber wohl eher zum Heulen zumute. Es brodelt in Tuchel, auch wenn er öffentlich bemüht ist, die Fassung zu wahren.
Kein Wunder: Mit einer Kadergröße von 23 Mann, inklusive drei Torhütern, haben die Münchner den kleinsten Kader der Bundesliga. Zum Vergleich: Das Team von Borussia Dortmund umfasst 30 Spieler. Zur Wahrheit gehört aber, dass auch der Trainer seinen Teil zum Schlamassel beigetragen hat. Dass Benjamin Pavard (27) den Club verlassen wollte, war hinlänglich bekannt. Tuchel hoffte allerdings bis zuletzt, den Franzosen von einem Verbleib zu überzeugen und hatte in Hoeneß bei dieser Personalie einen Mitstreiter. Erst als der Verteidiger an den Tegernsee fuhr, um den Ehrenpräsidenten persönlich um einen Wechsel zu bitten, war sein Entschluss allen endgültig klar.
Kurios: Die Münchner Entscheider wussten bereits im Frühjahr über die Absichten des Spielers Bescheid. Schon im Dezember hatte Pavard seine Wechsel-Vorstellungen öffentlich geäußert.
Daher überraschte es umso mehr, dass auch Josip Stanisic (23) nach Leverkusen verliehen wurde. Innerhalb der Taskforce gab es unterschiedliche Meinungen, was die Zukunft des kroatischen Nationalspielers betrifft.
Am Ende schaffte es dessen Berater-Team um Dieter Hoeneß (70), seinen Klienten bei Leverkusen unterzubringen – und die Münchner verloren innerhalb weniger Tage zwei Abwehrspieler, die sowohl als Innen- als auch als Rechtsverteidiger auflaufen konnten. Ein Grund, weshalb plötzlich eine Rückhol-Aktion von Joao Cancelo (29/Barcelona) im Raum stand und die Bosse noch einmal in höchster Not einen Vorstoß bei Kyle Walker (33) versuchen wollten.
Doch der Verteidiger hatte sich da schon längst für eine Vertragsverlängerung bei Manchester City entschieden. Bei Trevoh Chalobah (24/Chelsea) gab es im Ausschuss Zweifel und deshalb wollte man den Spieler nur leihen. Erst am letzten Tag der Transferphase war Chelsea dann doch bereit, ihn gehen zu lassen. Zu diesem Zeitpunkt galt die volle Aufmerksamkeit der Transfer-Taskfroce aber Joao Palhinha (28/FC Fulham).
Der Sechser wird im Januar wohl wieder Thema werden. Rekordnationalspieler Lothar Matthäus (62) fasst das Transfer-Scheitern in seiner Sky-Kolumne wie folgt zusammen: „Im Grunde war Bayern zu hektisch auf dem Transfermarkt, hat viel zu viele Namen nach außen getragen und darüber mit jedem debattiert.“