Pascal Groß: Das Leben ist leichter ohne Achterbahn

von Redaktion

Der Neue im DFB-Team: Social Media meidet er, Ecken und Freistöße sind seine Spezialität

Wolfsburg – Wie spricht einer, dessen Leben sich seit über sechs Jahren in England abspielt, sucht er hie und da nach dem deutschen Fachbegriff? Bei Pascal Groß von Brigton & Hove Albion ist das nicht der Fall, er hat sich seinen Dialekt bewahrt, mit dem er aufwuchs, einen badischen Singsang. Beim VfL Neckarau ging es für ihn los, trainiert wurde er von seinem Vater, „all die guten Spieler aus der Region sind zu uns gekommen“. Einige aus dieser Hochbegabten-Truppe gingen ins Hoffenheimer Nachwuchsleistungszentrum, wurden Bundesligaspieler – und Pascal Groß steht mit 32 Jahren das Debüt in der Nationalmannschaft bevor. „Ich bin selbst überrascht“, sagt er, „es gab keinen Kontakt zum DFB.“ Zwar hatte er vor England schon in der Bundesliga gespielt, war beim FC Ingolstadt durchaus aufgefallen, aber das war halt ein kleines Team.

Robin Gosens glaubt, dass man vom Verband als Spieler in einer Auslandsliga bemerkt wird, „weil der DFB ein europaweites Netzwerk hat“, doch die „mediale Aufmerksamkeit ist geringer“. Er hat die Erfahrung gemacht, dass sich die Berichterstattung zu Hause ganz schlicht am Faktor Tor orientiert. In seiner Zeit bei Atalanta Bergamo war es so: „Wenn ich am zweiten Pfosten eingenickt, hieß es in Deutschland: ,Gutes Spiel von Gosens’, auch wenn das überhaupt nicht der Fall war.“ Wenn ihm hingegen kein Tor gelang (bei seiner Aufgabe als Außenspieler mit Schwerpunkt Defensive kein Wunder) gab es auch kein gutes Spiel, das der Nachwelt überliefert werden musste.

Gosens, der kürzlich zu Union Berlin wechselte und seine ersten Bundesligaspiele bestritt, und nun Groß sind über das Ausland in die Nationalmannschaft gekommen – das ist ihre Gemeinsamkeit. Der Unterschied: Während Gosens über seinen ungewöhnlichen Weg im Fußball ein Buch schrieb und während der Corona-Pandemie sich aus Bergamo mit Eindrücken zu Wort meldete, hielt und hält sich Pascal Groß von der Öffentlichkeit fern. Von ihm gibt es nicht mal ein Social-Media-Profil, was er so begründet: „Das Leben besteht aus Aufs und Abs, hat viele Kurven – Social Media verstärken es nur zur Achterbahnfahrt. Ich fahre besser ohne das.“

Groß sieht sich als Vertreter des Positivismus, er will „der Mannschaft Energie geben“. Vielleicht wird er sogar derjenige sein, der die Standards ausführt, für die Platzhirsch Joshua Kimmich in der Kritik steht? „In Brighton schieße ich die Ecken und Freistöße und trainiere das auch viel – aber wir haben noch nicht besprochen, wie es sein sollte, falls ich Spielminuten kriege“, sagt Groß. Er stellt keine Ansprüche, er spielt, was von ihm verlangt wird. GÜNTER KLEIN

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