Manila – Was sind die zwei denn nun, Teamkollegen, Freunde, Basketballbrüder? „All das“, scherzt Austin Reaves, Aufbauspieler der US-Amerikaner und bislang Teamkollege von Dennis Schröder bei den Los Angeles Lakers. Die beiden haben eine so enge Beziehung, dass Reaves beinahe bei den Deutschen gelandet wäre.
Im Interview mit unserer Zeitung vor dem heutigen Halbfinalduell verrät der 25-Jährige erstmals die ganze Geschichte dahinter. „Dennis hat mich das ganze Jahr über gefragt. Für mich war das eine Option, ich war offen, in Zukunft für Deutschland zu spielen“, erklärt Reaves. Nur diesen Sommer wollte er sich freihalten. Um zu regenerieren nach der langen Saison mit den Lakers.
Einen deutschen Pass besitzt Austin Reaves nicht. Allerdings stammt seine Großmutter aus Deutschland, was ein Einbürgerungsverfahren – abhängig vom Bundesland – deutlich erleichtert und beschleunigt hätte. Doch die Verantwortlichen aus dem US-Team grätschten dazwischen. Unbewusst natürlich, wie der Lakers-Spieler erklärt. „Dann hat sich die Möglichkeit mit dem US-Team geboten.“ Reaves‘ unerwartete Leistungsexplosion brachte ihn direkt aufs Radar der Bosse. Nach Informationen unserer Zeitung liefen die Gespräche zwischen den Verbänden höchst harmonisch ab. Mit der Nominierung rückt Reaves in den Kandidatenkreis für Olympia 2024 – der größte Traum eines amerikanischen Sportlers.
Dennis Schröder erfuhr übrigens als erster Mitspieler von seiner Nominierung. „Ich hab’ geschrieben: Schau, ich habe die Chance, dazu kann ich nicht ,Nein’ sagen. Er hat mich super unterstützt, hat mir gratuliert.“ In ihrem gemeinsamen Jahr in LA wuchs ihre Freundschaft. Auch weil sie ähnliches mitgemacht hatten. Schröder war in der NBA ein wenig auf dem Abstellgleis gelandet, Reaves war bei den Talentsichtern lange durchs Raster gefallen. „Ich bin nur ein Junge von irgendwo im Nirgendwo von Arkansas“, scherzt er heute.
Bei den Lakers spielten sich beide ins Rampenlicht – und freundeten sich an. „Wir sind durch vieles gegangen. Er ist mir sehr ans Herz gewachsen“, sagt Dennis Schröder. Auch zur Familie unterhält Reaves ein spezielles Verhältnis. Nach jedem Spiel grüßt er Schröders Kinder. Er ist auch der Lieblingsspieler von Schröders ältestem Sohn Dennis Malick Junior.
Weil die Lakers auf den Philippinen so beliebt sind, feiern die Fans beide besonders laut. Und noch etwas eint sie: der gemeinsame Jubel beim Dreierwurf. „Freeze“ nennen sie die Geste, bei der sie mit einer Hand drei Finger zeigen und mit der anderen über den Oberarm streichen. Entwickelt hat sie Lakers-Co-Trainer Damon Jones beim Kartenspielen als Hommage an einen Spruch aus der TV-Serie Miami Vice. Schröder war der erste, der den Jubel im Spiel zeigte nach einem Dreier. Vor dem Duell am Freitag sagt er zu Reaves: „Ich hoffe, dass ich mehr haben werde als er.“ ANDREAS MAYR