München – Streit gibt es in den besten Familien. Auch in der des FC Bayern. Und in den vergangenen Tagen knisterte es beim Rekordmeister wieder mal. Grund dafür: die Meinungsverschiedenheiten der hochrangigen Taskforce-Mitglieder in der abgelaufenen Wechselperiode und das damit verbundene Fiasko im Transfer-Finale. Vor allem Trainer Thomas Tuchel (50) war immer wieder mit seinen Wünschen für Kader-Verstärkungen in der Öffentlichkeit vorgeprescht. Das kam in der Führungsetage nicht gut an.
„Es ist ganz selbstverständlich, dass der Trainer eine Haltung haben muss und es gibt auch keinen Grund, hier nach Unstimmigkeiten oder ähnlichem zu suchen“, meinte Vorstands-Boss Jan-Christian Dreesen (56). „Wenn wir intern diskutieren, sind wir nicht immer einer Meinung. Das soll auch nicht so sein. Nach außen müssen wir aber geschlossen auftreten.“
Nach Informationen unserer Zeitung hatten die Bosse und Tuchel in dieser Woche einen von beiden Seiten für sinnvoll erachteten intensiven Austausch. Dem Coach wurde dabei klar signalisiert, was man von ihm erwarte.
Tenor: Beide Seiten – Trainer und Chefs – hätten während Transferperiode Fehler gemacht. Tuchel kritisiere den Kader aber regelmäßig, es fehle der Blick nach vorne. Als Cheftrainer müsse er der Leitwolf für die Spieler sein, Ideen haben und dürfe nicht, wie nach der Supercup-Pleite gegen RB Leipzig (0:3), „ratlos“ (O-Ton Tuchel) sein. „Der Kader ist ein bisschen dünn, ein bisschen wenig“, sagte Tuchel vor dem Spiel in Gladbach (2:1) am vergangenen Samstag mit Blick auf die am Deadline Day gescheiterten Transfers von Sechser Joao Palhinha (28/FC Fulham) und der dünnen Personaldecke in der Abwehr.
Nach den Abgängen von Benjamin Pavard (27/Inter Mailand) und Josip Stanisic (23/Leihe zu Leverkusen) gelang es dem Ausschuss Sport nicht, pünktlich vor Ende des Transferfensters am Freitag um 18 Uhr dringend notwendigen Ersatz zu präsentieren. Tuchel machte klar, er habe nur sechs defensive Spieler, „das ist auf Kante genäht“.
Experten wie Stefan Effenberg (55) sehen die offensichtlichen Kaderprobleme des FC Bayern ähnlich. Dass Tuchel mit seiner ehrlichen Meinung zur Mannschaft nach Ende der Wechsel-Frist allerdings weitermacht, sorgt intern für Irritationen. Eine Vermutung: Der Trainer schaffe sich damit ein Alibi im Falle sportlicher Erfolglosigkeit. Laut Dreesen müsse Tuchel eben „jetzt etwas kreativer sein. Das ist sein Job“. Und der Trainer? Es ist kein Geheimnis, dass Tuchels Traumelf anders aussieht als die, die er zur Verfügung hat.
Ein Vorwurf, der zu hören ist: Die Taskforce habe zu träge agiert und deshalb schlussendlich einen Wunschspieler nach dem anderen verpasst. Mit seinem Perfektionismus eckt Tuchel auch im Staff an. Wie unsere Zeitung erfuhr, schaut der Trainer den Mitarbeitern der Reha- und Fitnessabteilung genau auf die Finger – das sind sie von den vorherigen Cheftrainern nicht gewohnt.
Dazu passt: Mit Nicolas Mayer (41) hat Tuchel bereits einen engen Vertrauten in besagtem Ressort installiert. Bis vor kurzem war der Franzose noch „Performance Manager“ bei Paris. Fakt ist: Wenn die Ergebnisse stimmen, sind die Unstimmigkeiten kein Problem. Aber wenn nicht – dann kann das Pulverfass FC Bayern rasch explodieren.