Das Kunstwerk ist vollendet

von Redaktion

83:77 – Deutschlands Basketballer krönen eine grandiose Weltmeisterschaft mit dem Titel

VON ANDREAS MAYR

München – Das Bild, das um die Welt ging, war perfekt komponiert. Rechts Dennis Schröder, links Franz Wagner, Alpha und Omega des deutschen Basketballs, und dazwischen die größte Mannschaft der deutschen Basketballgeschichte. Sie sangen die Nationalhymne, die ein letztes Mal ertönte, für die neuen Könige des Basketballplaneten. Für den Weltmeister. Wenig später wog Dennis Schröder – Kapitän und bester Spieler dieser WM – die Goldtrophäe in seinen Armen und schuf den historischer Moment: Noch nie hat ein DBB-Team den Titel gewonnen. 83:77 gewann Deutschland gegen Serbien.

Natürlich musste diese WM enden, wie sie endete. Der Ball in den Händen von Dennis Schröder. Im Duell Mann gegen Mann mit Aleksa Avrimovic, dem besten Verteidiger Europas. Um diesem Bluthund, das letzte Hindernis zu Gold, beizukommen, brauchte es einen Trick, wie ihn nur die größten Spieler in diesen Momenten zeigen können. Schröder verlud seinen ärgsten Bewacher mit einer Körperfinte für die Ewigkeit – und verwandelte den entscheidenden Korb.

Keine anderen Teams hatten es verdient, in diesem finalen Duell aufzutreten. An ihr Können, ihre Intensität kam in diesem Turnier niemand heran. Und sie boten eine Show in zwei Akten. Das perfekte Yin und Yan dieser WM. Eine Hälfte stand für den Basketball der Deutschen, für die Brillanz im Angriff. Das war die erste. Die zweite gab den Stil der Serben wieder, die furchtlosen Verteidiger. Die Deutschen zeigten, dass sie auch diese Kunst bestens beherrschen.

Zumindest in Hälfte eins beglückten beide Teams die 15 000 Zuschauer mit traumhaften Aktionen. Tatsächlich gab es sportlich noch eine höhere Ebene zu erklimmen, verglichen mit den Halbfinals. Was sich dort unten abspielte, erinnerte an Tauziehen unter lauter schweren Jungs. So oft kommt das ja nicht vor, dass gerade die besten Einzelkönner auch das Finale prägen. Aber so war das in Manila. Serbiens Superspieler Bogdan Bogdanovic richtete den größten Schaden an, weil er einfach von überall abschließen kann. Zur Pause hatte er schon 15 Punkte erzielt. Bei Deutschland schulterten Franz Wagner (19 Punkt) und Dennis Schröder (28 Zähler) die Hauptlast. Die Spitzenprodukte, die Exponate der Nachwuchsarbeit mit ihrer Reise von der Jugendbundesliga bis in die NBA. Youngster Wagner zeichnete man hinterher zum Besten des Finals, Schröder gar zum Besten des Turniers aus. Wobei ihnen wahrlich keine schlechte Verteidigung auf dem Feld gegenüber stand. Das offensive Talent übertrumpfte nur die andere Seite. Dieses Finale setzte Superkräfte frei. Man sah das etwa bei Schröder, als der zum ersten Mal im Turnier per Dunk abschloss – das Ausrufezeichen zum Halbzeitstand von 47:47.

Die große Frage, wer zu erst vorbeiwirft, beantworten beide Teams mit einem lauten „Hier“. Die Statik der Partie veränderte sich gewaltig, hin zu langsam, träge. Jeder Angriff bekam plötzlich eine Schwere, jeder Korb bedeutete Erlösung. Daneben setzte eine zweite Entwicklung ein: Mit jeder Minute kippte die Partie mehr in Richtung der Deutschen. Das war an so banalen Dingen festzumachen wie den Foulpfiffen, die Schröder bekam, oder den offenen Würfen der Serben, die auf einmal vorbei segelten – isoliert nichts besonderes, in der Summe aber eine immense Wirkung. Zwölf Punkte betrug der Vorsprung nach dem dritten Viertel. Diese Führung schleppte Deutschland ins Ziel. Und wieder tauchte einer dieser stillen Helden auf, von denen es in jeder Partie einen gab. Diesmal übernahm die Rolle Johannes Voigtmann. Hinten der Staubsauger aller wichtigen Rebounds, vorne der Quarterback, der Ballverteiler in brenzligen Momenten. Ein letztes Mal zeigte sich, dass es wirklich jeden Mann braucht in diesem ultimativen Team. Übrigens auch hinterher, als die ganze Mannschaft die Pressekonferenz stürmte. Bundestrainer Gordon Herbert saß wie immer stoisch daneben, nippte sein Bier und war noch einmal der knorrige Gordie mit dem trockenen Humor. Er sagte: „Ich liebe die Philippinen, aber sie brauchen besseres Bier.“

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