Das Spiel gegen Japan war eine große Chance. Darauf, den Gegner, der einem die WM vermieste, in die Schranken zu weisen, Kräfteverhältnisse klarzustellen. Zu zeigen, dass der deutsche Fußball die Kraft hat zur Korrektur, zur Wiedergutmachung, zur Auferstehung. Die Erkenntnis aus dem grausligen deutschen Auftritt in Wolfsburg, aus dem 1:4, war jedoch: Die Nationalmannschaft ist seit dem Turnier in Katar deutlich schlechter geworden, Auftritte wie vor einem Jahr beim 3:3 in England, wo unter Druck noch ein Aufbäumen erfolgte, erscheinen heute nicht mehr möglich. Deutschland ist wie ein Traditionsclub, den es in der Bundesliga so zerlegt, dass er nur noch 17. ist. Der einst dachte, er sei „too big to fail“ und ihm sei ewige Größe garantiert. Doch so ist es nicht mehr – weswegen etwas passieren musste,
Hansi Flick war nicht das alleinige Problem. Den deutschen Fußball haben die Clubs, die lieber französische und englische Nachwuchsakademien leerkaufen anstatt geduldig und richtig selbst auszubilden, heruntergewirtschaftet. Auch der Verband, der DFB, in seiner Selbstverliebtheit und seiner Arroganz, die bis in die einfachen Verwaltungsangestellten-Verhältnisse hinabreicht, ist wesentlich beteiligt an der Misere. Und, altes Thema: Es ist nicht primär dem Bundestrainer anzukreiden, wenn Nationalspieler wie Schlotterbeck und Gosens vor sich hindilettieren wie in der Regionalliga,
Doch – und eben auch das war offenkundig – konnte Hansi Flick auch nicht Teil der Lösung sein. Seine Anerkennung als Assistent beim DFB ergab sich aus seiner Mittlerrolle zwischen den Vereinsblöcken, sein überraschender wie überwältigender Erfolg als Bayern-Trainer lag begründet in der gemeinsamen Geschichte, die er mit den tragenden Spielern teilte, und in seiner Zugewandtheit, die in der Corona-Krise zum Anker wurde. Die alten Bündnisse standen nicht mehr, das ist der Lauf der Zeit, Flick hätte ein ein harter Chef sein müssen; die Situation verlangte von ihm eine Führung, für die er nicht geschaffen ist. Doch der Arbeitgeber, der auf ihn eingegangen ist bei den Wünschen nach der Ausstattung des Amtes, musste auf diese Schwäche reagieren. Die Nationalmannschaft ist eine Idee, viel größer als ihre Trainer und Spieler.
Für Hansi Flick muss das traumatisch sein: Spät in seiner Karriere erlangte er Berühmtheit, nun geht es zurück in erst mal gar keine Rolle. Er war ein Sympathieträger, gegen den niemand etwas einzuwenden hatte, nun geht er als Gespött der Nation. Die Aufgabe war so groß, dass sie Hansi Flick zerstört hat.
Guenter.Klein@ovb.net