Dortmund – 1993 haben Didier Deschamps und Rudi Völler mit Olympique Marseille den Europapokal gewonnen, in München war das. „30 Jahre ist das her, 30 Jahre“, sagt Deschamps und kann gar nicht glauben, wie die Zeit verflogen ist. Kurios: Gesehen haben er und Völler sich über die Jahrzehnte nicht, zwischen ihnen liegen zehn Lebensjahre, eine Generation. Nun treffen sie aufeinander, dass das so ist, hat sich gerade erst ergeben. Didier Deschamps ist Frankreichs megaerfolgreicher Nationaltrainer, und Völler wird zumindest für diesen einen Abend in Dortmund auf der deutschen Bank sitzen.
Deschamps meint: „Es liegt an den Umständen, dass wir uns begegnen. Seine Karriere ist noch nicht beendet, es gibt eine zweite Lebensphase.“ Beim einstigen Mitspieler will er aus der Ferne noch immer „Dynamik und südliche Lebensfreude“ festgestellt haben. Er erinnert sich: „Rudi hatte ein freudiges Temperament.“
Didier Deschamps war ja immer eng mit Joachim Löw, auch Hansi Flick war ihm schon länger bekannt, er hat ihn „sehr geschätzt“. Die Entlassung des deutschen Kollegen hat ihn dann aber nicht allzu sehr überrascht: „In unserem Beruf wissen wir, was zu erwarten ist, wenn die Ergebnisse nicht stimmen. Die letzten drei Turniere waren ernüchternd für Deutschland, ebenso die letzten Spiele. Die große Geschichte schafft Erwartungen, denen die Resultate nicht gerecht geworden sind.“
Er stellt jedoch klar: „Das führt nicht dazu, dass ich den Wert der deutschen Mannschaft als niedriger ansehe.“ Da stimmt er überein mit Antoine Griezmann, einem der Stars aus seine Equipe tricolore. Der Stürmer von Atletico Madrid, der das klare Ziel hat, „noch in de MLS in Amerika zu spielen“, ha sich das Spiel Deutschlands gegen Japan (1:4) angesehen. Abschreiben will er den alten großen Gegner nicht: „Da gibt es nach wie vor großartige Spieler aus bedeutenden Vereinen.“ Seine persönliche Entdeckung beim Fernsehen: „Florian Wirtz – so heißt er doch? Ich fand es toll, was er gespielt hat.“ Außerdem mag er: „Joshua Kimmich. Er gefällt mir. Er ist er General der Mannschaft, macht alles sehr gut, kann rechts und in der Mitte spielen.“ Und noch einer: „Leroy Sané – auch wenn er Höhen und Tiefen hat. Wie ich schießt er links und will den Gegner immer unter Druck setzen. Das mag ich an ihm.“
Didier Deschamps freut sich auf das Klassentreffen mit Rudi Völler, aber auch darauf, dass das Match in Dortmund keines der Kategorie Ernstfall ist, bei dem es um Punkte oder ein Weiterkommen in einem Turnier geht. „Der neue Spielplan mit der Nations League lässt uns nur noch zwei Termine im Jahr für Freundschaftsspiele.“ Frankreich geht es also locker an. Und kann es sich leisten. GÜNTER KLEIN