Dortmund – Lothar Matthäus, der Allgegenwärtige: Am Samstag war er in Wolfsburg noch am RTL-Mikrofon und beurteilte die Lage der Fußball-Nation, am Montagmittag stand er in Dortmund im Deutschen Fußballmuseum vor der gelben Wand seines Werbepartners Interwetten. Gerade war er durch die Ausstellung spaziert, hatte seinen Finalschuh von 1990 besucht („Hier sieht man: Er war wirklich kaputt“) und war in Erfolgslaune. Zu der trug auch bei, dass die deutschen Basketballer ihn am Tag zuvor begeistert hatten. Er war derart angetan, dass er sich einen Transfer der Korbjäger-Tugenden auf den Fußball wünscht: „Ein Miteinander von Trainern und Spielern.“
Die Spieler der deutschen Fußball-Nationalmannschaft, die für die Europameisterschaft 2024 in Frage kommen, kennt man, es werden bis zum Turnier keine neuen dazukommen. Doch wer wird der Bundestrainer sein? Lothar Matthäus selbst, reflexartig ins Spiel gebracht, nicht. Er hat bereits am Sonntag darauf verwiesen, „dass ich ein Privat- und ein Berufsleben habe, das mich ausfüllt“. Trainer? Nur in der D-Jugend beim TSV Grünwald – da kickt sein Sohn. Auch für die Task Force stünde er nicht zur Verfügung: „Berater hat der DFB genug.“
Aber er ist gerne bereit, die Kandidaten zu sortieren – und er hat da was gehört: „Matthias Sammer würde bereitstehen.“ Und ohne eine Empfehlung auszusprechen, würde er es Sammer zuzutrauen, obwohl dessen letzte Trainerstation 18 Jahre (VfB Stuttgart) zurückliegt. Ginge ein Wiedereinstieg nach so langer Zeit – in einen Fußball, der sich rasant und fundamental verändert hat? „Tagesgeschäft wäre schwierig“, meint Matthäus, „aber als Nationaltrainer hätte er ein Team dabei. Und es kommt nicht auf die Trainingsform an, sondern auf die Ansprache. Mit seiner Art könnte Matthias die Spieler packen.“ Stunden später dementierte Sammer jegliche Ambition.
Für den TV-Experten Matthäus ist die Frage, wie der DFB grundsätzlich plant, Er ist für eine langfristige Lösung – außer in dem einen Fall, dass nach der EM Jürgen Klopp zu haben wäre. „Allerdings hat er einen Vertrag darüber hinaus.“ Vielleicht würde Klopp in Liverpool aufhören, wenn es ihm gelingt, „in dieser Saison zu zeigen, dass mehr in seiner Mannschaft steckt, als sie zuletzt gezeigt hat“. Der DFB bräuchte, sollte er auf Klopp warten, eine Zwischenlösung.
Die sonstigen Kandidaten: Julian Nagelsmann – er ist jung, will er nicht im Tagesgeschäft bleiben? Und könnte der DFB, der das Geld in letzter Zeit für andere Sachen verbraten hat, ihn bei Bayern ablösen?“ Oliver Glasner? Glaubt Matthäus nicht, „Es war noch nie ein Ausländer deutscher Bundestrainer, Louis van Gaal und Zinedine Zidane haben auch nichts.“ Felix Magath? Eher nicht, „wir wollen ja die Zukunft planen“. Magath ist 70. Von van Gaal hört man zudem, er sei gesundheitlich nicht auf der Höhe.
Lothar Matthäus’ eigentliche Übergangslösung Nummer eins steht am Dienstag gegen Frankreich aber schon an der Seitenlinie: Rudi Völler. Tja, und was, wenn Deutschlands Elf ein Sieg gegen das große Frankreich gelänge, durchs Westfalenstadion das „Ruuudiii“ ertönte? „Dann“, so das Matthäus-Votum, „soll er bleiben. Wenn wir Euphorie kriegen, sollten wir sie nicht kaputt machen. Ein neuer Trainer würde es dann wieder schwer haben,“ GÜNTER KLEIN