„Den Videobeweis haben wir erfunden“

von Redaktion

Fritz von Thurn und Taxis kommentierte das erste Spiel der DEL – Massiver Aufwand

VON GÜNTER KLEIN

München – 30 wird die Deutsche Eishockey Liga (DEL) erst in einem Jahr, jetzt steht die 30. Saison ab. Aber man muss feiern, wenn man einen Lauf hat. Die DEL hat sich aus der Corona-Krise mit guten Zuschauer- und Umsatzzahlen erhoben und einen Großteil der deutschen Nationalmannschaft gestellt, die im Mai Vizeweltmeister geworden ist. Darum ruft die DEL ein Hurra auf sich selbst aus.

Das eine Jahr bis zum offiziellen Jubiläum ändert auch nichts daran, dass die Liga nach einer turbulenten Anfangszeit eine gute Entwicklung genommen hat. „Infrastrukturell sind wir die Nummer eins in Europa“, sagt Daniel Hopp, der Chef der Adler Mannheim, einem der Großclubs der DEL.

Das Eishockey nahm Entwicklungen des Gesamtsports vorweg, auch im Bereich des Fernsehens war das so. Mit Gründung der DEL, die die alte Eishockey-Bundesliga (1958 bis 94) ablöste, stieg das Pay-TV ein. Eine Partie pro Spieltag wurde übertragen – mit gigantischem Aufwand. Fritz von Thurn und Taxis, vom Bayerischen Fernsehen gekommen und dort bei Eishockeyspielen in der Regel „mit einer einzigen Kamera unterwegs“, durfte bei Premiere in die Vollen gehen. „Wir hatten wahnsinnig viel Geld durch Kirch, Bertelsmann und Canal plus.“ Das waren die Investoren bei Premiere, dem heutigen Sky. „Wir sind Businessclass geflogen, wir waren mit zehn bis zwölf Kameras bei den Spielen.“ Schade aus Sicht von Thurn und Taxis nur, „dass wir noch kein hochauflösendes Fernsehen hatten.“ Die Geräte waren klobige Röhren, der Aufwand war also überzogen.

Premiere arbeitete beim Eishockey mit einer kleinen, aber kultigen Mannschaft: Fritz von Thurn und Taxis und Günter-Peter Ploog (inzwischen verstorben) kommentierten, mit der Zeit auch der Münchner Wolfgang „Budde“ Büttner, der zudem der Mann für die Geschichten war. Christian Sprenger stand im Studio und brachte bisweilen Trainer Hans Zach als Gast auf die Palme, und Rolf „Rollo“ Fuhrmann begründete seinen Ruf als Field-reporter, den er später beim Fußball festigte.

„Wir haben das Eishockey inszeniert“, erinnert sich Fritz von Thurn und Taxis. Zum Beispiel: „Wir haben den Videobeweis eingeführt, als der Fußball das noch gar nicht schreiben konnte.“ Man hatte eine Flut von Bildern und bat die Schiedsrichter dann eben an den Monitor. Zudem fing Premiere mit den bunten Geschichten an, mit Porträts über die Spieler. Der Klassiker: Eine Homestory über Nationaltorhüter Peppi Heiß zeigte sein Wellensittich-Paar. Als Rollo Fuhrmann Heiß nach einer Kölner Niederlage am Mikrofon hatte und der gutmütige Peppi nicht so recht zog mit den Antworten, meinte der Reporter: „Wollen Sie denn wenigstens Ihre beiden Wellensittiche grüßen?“ Das war dann doch zu viel, Fuhrmann wurde senderintern einige Zeit gesperrt.

Wilde Zeiten, lange her. „Ich habe 25 Jahre kein Eishockey mehr übertragen“, sagt Thurn und Taxis. Nur vor zwei Jahren ließ er sich mal überreden, bei einem DEL2-Spiel (Landshut – Bad Tölz) bei Sprade.TV den Co-Kommentator zu geben. Er staunte: „Ein Tempo wie früher in der ersten Liga – und die Spieler sind viel besser ausgebildet.“

Premiere geriet durch Leo Kirch, den großen Zampano, Anfang des Jahrtausends in eine massive Krise, Mittel wurden gekürzt, Eishockey zum unliebsamen Anhängsel. Die DEL ging neue Partnerschaften ein, war offen für weitere Innovationen – wie den „Cable Guy“, den verkabelten Spieler oder Trainer, bei Servus TV. Als die Telekom einstieg (inzwischen MagentaSport), rüstete sie alle DEL-Arenen mit Glasfaser aus. Jetzt ist jedes Spiel per Streaming live verfügbar und Eishockey neben der mit Traditionsvereinen besetzten 3. Fußball-Liga für die Telekom das Premium-Recht.

Die wunderbar-nostalgischen Geschichten aus der Anfangszeit sind heute halt schwer zu finden. Fritz von Thurn und Taxis kommentierte das allererste Spiel der DEL, um einen Tag vorgezogen („Das haben wir bei Premiere so entschieden“) gab es Augsburger Panther – Maddogs München, ein 1:6. Premiere hatte zur Eröffnung der DEL und um sich selber als Sender bemerkbar zu machen, den ehemaligen NHL-Star Bobby Hull für den symbolischen Puckeinwurf eingeflogen. „Er war damals 55, wir kannten ihn als schnellen Spieler, doch er tat sich schwer, über den roten Teppich zum Bullypunkt zu kommen“, erinnert sich Fritz von Thurn und Taxis, „denn Bobby Hull hatte im VIP-Raum schon drei, vier Maß Bier getrunken.“

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