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von Redaktion

Nagelsmann? Van Gaal? – Bis zur Oktober-Reise soll der neue Bundestrainer feststehen

VON GÜNTER KLEIN

Dortmund – Hans-Joachim Watzke, Ämterhäufler und derzeit starker Mann im Fußball, hatte es also wirklich versucht, die große Bundestrainerlösung zu realisieren: Jürgen Klopp hätte seinen Job beim FC Liverpool mit einer Mission beim Deutschen Fußball-Bund (DFB) verbinden und wenigstens bis zu EM 2024 in Doppelfunktion agieren sollen. Watzke und Klopp sind alte Kumpels, der Dortmunder Watzke sucht seit Klopps Abgang 2015 nach einem Klopp-Klon für den BVB – und hatte nun eine Möglichkeit gesehen, seinen Liebling und den der überwiegenden deutschen Sportöffentlichkeit wenigstens wieder gelegentlich ins Land zu holen. Doch diese aufwändigste aller denkbaren Lösungen erwies sich als nicht machbar. Über seinen Berater Mark Kosicke teilte Jürgen Klopp mit, „dass ich nicht zur Verfügung stehe“. Er lebt in einer anderen Welt, will das auch bis mindestens 2026 tun, solange der Vertrag mit Liverpool läuft. Gut, Klopp also wird es nicht, wer dann?

Es ist die große Suche des deutschen Fußballs. Eine, wie man sie seit 2004 nicht hatte, als Rudi Völler als Teamchef zurücktrat. Jürgen Klinsmann war eine Überraschungslösung, danach galt wieder die beim DFB bekannte Assistenten-Thronfolge. Joachim Löw kam nach Klinsmann, Hansi Flick (nach einigen Laufbahnwirrungen, aber aufgewertet durch seine Tätigkeit beim FC Bayern) nach Löw. Nun ist wieder so vieles möglich wie 2004, als man Ottmar Hitzfeld fragte, sogar Otto Rehhagel diskutierte und sich ausländischen Trainern wie Morten Olsen aus Dänemark nicht grundsätzlich verschloss.

Ein Kriterium, das nun gilt: „Es muss ein absoluter Top-Mann sein“, so Rudi Völler. Er wird zusammen mit DFB-Präsident Bernd Neuendorf und Aki Watzke federführend sein, will jedoch auch „einige Spieler abtelefonieren“. Worauf das Führungstrio sich bereits verständigt hat: Ein Ausländer ist als Bundestrainer möglich, aber „er muss deutschsprechend sein“. Was etwa Zinedine Zidane ausschließt, Louis van Gaal (72) aber nicht. Der Niederländer wuchs – anders als viele seiner Landsleute – nicht mit Deutsch auf, hatte nur Grundkenntnisse, baute sie aber aus, als er 2009 zum FC Bayern wechselte. Danach ließ er es wieder schleifen, bei der WM als Bondscoach sich alles ins Niederländische übersetzen.

Van Gaal hätte einen hohen Unterhaltungswert, für ihn spräche der Turnier-Pragmatismus, den er als Nationaltrainer bei den WMs 2014 und 22 an den Tag legte; für den Erfolg verleugnete er die holländischen Systemprinzipien. Der einzige deutsche Nationalspieler, der van Gaal kennt, ist Thomas Müller, der das Leben unter van Gaal so beschreibt: „Struktur, Disziplin, Prinzipien.“

Vertrauter wäre der DFB-Mannschaft Julian Nagelsmann (36), in Joshua Kimmich und dem diesmal nicht nominiert gewesenen Leon Goretzka gäbe es bekennende Nagelsmann-Fans. Schwerer würde es unter ihm dann aber für Müller und so gut wie ausgeschlossen, dass Manuel Neuer ins Tor zurückkehrt. Preislich wäre der DFB auf das Entgegenkommen des FC Bayern angewiesen – der allerdings auch ein Interesse hat, ihn von der Gehaltsliste zu bekommen. Der DFB hat gestern bei Nagelsmann vorgefühlt, ob grundsätzlich Interesse bestünde.

Positioniert haben sich auch Hannes Wolf (42) und Sandro Wagner (35). Es hat den Spielern imponiert, „wie die nachts mit dem Auto aus Polen gekommen sind“ (Thomas Müller). Wären der freundliche Wolf und der mit Bundestrainer-Breitbeinigkeit auftretende Wagner eine Tandemlösung, wie sie Schweden und Island praktizierten? Wolf/Wagner als bereits angestellte Trainer im U-Bereich würden den Verband, auch wenn sie einen Aufpreis kosten, finanziell am wenigsten belasten. Wagner könnte außerdem gut mit seinem ehemaligen Hoffenheimer Coach Nagelsmann.

Klar ist nur: Der Neue muss für die USA-Reise im Oktober zur Verfügung stehen.

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