Als er am Mittwoch aus wahrscheinlich seligen und keineswegs unruhigen Träumen erwachte, sah sich Rudi Völler in den Sportdirektor des Deutschen Fußball-Bundes zurückverwandelt. Er macht(e) nicht weiter als Teamchef alias Bundestrainer – eine kluge Entscheidung. Für ihn selbst und den Fußball.
Klar wäre das eine rührende Geschichte gewesen: Dass Rudi Völler, der fest eingeplant gewesen war für die Heim-WM 2006, aber nach der EM 2004 hinwarf, nun die Heim-EM 2024 bekommt, doch er hat ja die Erfahrung gemacht, wie einen der Anspruch auffressen kann; Völler hat unter dem Druck immer gelitten, bei ihm war Anspannung sichtbarer als bei seinen Nachfolgern Jürgen Klinsmann und Joachim Löw. Und es gibt ja auch einen Grund, dass er sich aus dem Fußball eigentlich schon verabschiedet hat – vor Erreichen des Rentenalters. Ein bisschen DFB, Sportdirektor ohne Büroarbeit – das geht so gerade noch.
Völler, der immer nur ein Instinkttrainer war, an der Spitze der Pyramide – das wäre zudem für das DFB-Trainerwesen nicht darstellbar. Es gibt über tausend Fußballlehrer im Lande, der Zugang zur Ausbildung ist schon eine Hürde und die Ausbildung dann umfangreich – man würde das eigene Modell konterkarieren, hievte man ins höchste Amt einen, nur weil er Charisma hat, gut zureden und die Hand auflegen kann. Außerdem verhängt der DFB gerne Strafgelder, wenn etwa ein Drittliga-Trainer nicht ausreichend qualifiziert ist.
Rudi Völler war die gute Lösung für dieses Interims-Spiel, das auf die kerndeutsche Tugendart bestritten wurde. Doch es hätte wenig Zukunft, wenn man sich auf eine Retro-Welle begäbe wie gerade im deutschen Fernsehen, wo die alten Formate und Shows wiederbelebt werden und sich das Glücksrad dreht wie vor 25 Jahren. Der Erfolg der WM 2014 war einer, der aus der Modernität der deutschen Methodik resultierte und aus der Erkenntnis aus der bleiernen Ära Völler (2000 bis 04), dass es ein Weiter so nicht geben könne. Selbst die Berufung Völlers 2022/23 in die Task Force und deren Besetzung waren ein rückschrittlicher Akt. Der emotionale Abend in Dortmund kann nicht beschönigen, dass seit der WM vieles schiefgelaufen ist. Und so steht der DFB halt nur mit etwas mehr aktuellem Glücksgefühl, aber immer noch in einer fundamentalen Krise gefangen, vor einer Entscheidung, die unverändert diffizil geblieben ist.
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