Mannheim/München – Manieren haben sie bei den Adlern Mannheim. 2019: Der Münchner Michael Wolf erlebte das letzte Spiel seiner Karriere in der SAP Arena, Mannheim gewann die Meisterschaft – doch vor Entgegennahme der Trophäe wurde eine Zeremonie für den EHC-Kapitän abgehalten, dem daraufhin vor Rührung die Augen schimmerten. Und nun 2023, am zweiten Spieltag der neuen Saison: München kam mit den frisch aus Mannheim abgeworbenen Nico Krämmer und Markus Eisenschmid zu den Adlern – und ehe der Puck eingeworfen wurde, erfuhren beide Spieler noch eine nachträgliche Verabschiedung nach fünf verdienstvollen Jahren. Bei der 2019er-Ehrung für Michael Wolf standen sie auf der anderen Seite.
Einer, der in Mannheim nie einer Verabschiedung erleben will, ist Mathias Plachta (32). Mit 15 kam er nach Mannheim, zu den Jungadlern, bis auf eine Saison in Amerika ist er immer dagewesen – und am Sonntag avancierte er mal wieder zum wichtigsten Mann. Seine Bilanz beim 4:3-nach-Penaltyschießen gegen den EHC Red Bull München: Vorlage zum 1:1, Treffer zum 2:1, und im Shoot-out, das über acht Runden ging, verwandelte er beide Male, als er antrat. Nebenbei erzielte er seinen 163. Treffer in der Deutschen Eishockey Liga (DEL) – und ist nun Rekordhalter der Mannheimer Franchise. „Ich will hier noch lange bleiben“, erklärte er.
Für München war Plachta mal wieder das Schreckgespenst. Es gibt ja diese Vorgeschichte aus dem Halbfinale 2018: Damals wuchtete das Münchner Raubein Steve Pinizzotto den Nationalspieler Plachta, der gerade Olympia-Silber gewonnen hatte, derart in die Bande, dass er für fünf Spiele gesperrt wurde, Plachta wurde vom Eis getragen, kehrte nach einer Partie Pause zurück – woraus die Münchner Fangemeinde ableitete, er habe eine Verletzung nur vorgetäuscht. Ex-EHC-Trainer Don Jackson verließ einmal eine Pressekonferenz in Mannheim mit der Begründung, zweimal in seiner Karriere sei er von Plachta betrogen worden. Auch diesmal gab es eine strittige Szene: Münchens Verteidiger MacWilliam monierte Ende des ersten Drittels eine Schwalbe des Mannheimers – in der daraus resultierenden Unterzahl kassierte der EHC ein Gegentor (1:1), vorbereitet von Plachta.
Seine große Show lieferte er bei den Penaltys. Für München traf nur Austin Ortega, während Plachta Münchens Tormann Mathias Niederberger zweimal auf die gleiche Art foppte. „Das ist halt mein Move“, sagte er.
Als Kind hätte Matthias Plachta in München landen können. 2002 verpflichteten die München Barons seinen Vater Jacek – doch der Verein zog um nach Hamburg. Plachta für München – eine ewige Illusion. GÜNTER KLEIN