München – Wenn es um Fußball geht, ist Julian Nagelsmann immer on fire. Während seiner Zeit als Bayern-Trainer schoss der Landsberger mit seiner Attitüde ab und an aber auch übers Ziel hinaus. Angesprochen auf die Motivation seiner bereits früh als Meister feststehenden Mannschaft, antwortete er im April 2022: „Wir sind nicht bei der Freiwilligen Feuerwehr Südgiesing, sondern beim FC Bayern München.“ Als Wiedergutmachung für seinen saloppen Spruch besuchte er anschließend die Feuerwache 4 in Schwabing und simulierte in voller Montur einen Einsatz. Nun brennt’s beim DFB. Und Nagelsmann ist erneut als Feuerwehrmann gefragt. Sein schwieriger Auftrag: die Heim-EM retten.
Ein halbes Jahr nach seinem jähen Aus beim FC Bayern soll der 36-jährige Nagelsmann zum zweitjüngsten Bundestrainer der deutschen Fußball-Geschichte nach Otto Nerz (34 Jahre und neun Tage im Jahr 1926) werden, auf Hansi Flick (58) folgen und das Turnier 2024 im eigenen Land als Zielpunkt verantworten. Wie unsere Zeitung erfuhr, gab es gestern ein erstes persönliches Treffen von DFB-Präsident Bernd Neuendorf (62) und Sportdirektor Rudi Völler (63) mit Nagelsmann und seinen Beratern. Neuendorf berichtete: „Wir sind in guten Gesprächen.“ Weitere sollen folgen. Laut Bild seien nur noch Details der Zusammenarbeit zu klären. Nagelsmanns künftiges Monatsgehalt soll bei rund 400 000 Euro liegen.
Der FC Bayern legt seinem im März freigestellten Ex-Trainer Nagelsmann und dem DFB keine Steine in den Weg. Der ursprünglich bis 2026 datierte Vertrag mit dem Rekordmeister wird aufgelöst und er wechselt ablösefrei zur deutschen Nationalmannschaft. Für den Bundestrainer-Job entgeht Nagelsmann viel Geld. Dem Vernehmen nach hätte er bis zum Ende seines Bayern-Kontrakts noch rund 20 Millionen Euro bekommen.
Nicht das erste Mal, dass Nagelsmann freiwillig auf Kohle verzichtet. Bei seinem Wechsel 2021 von RB Leipzig zum FC Bayern akzeptierte er sofort Einbußen von 15 Prozent auf sein bereits mit den Münchnern ausgehandelten Gehalts, damit der Rekordmeister die etwas mehr als 20 Millionen Euro Ablöse an RB zahlen konnte.
Nun will sich der DFB mit dem Bayer für die Turnier-Misserfolge 2018, 2021 und 2022 rehabilitieren und neue Euphorie entfachen. Aus Sicht von Nagelsmann-Nachfolger Thomas Tuchel (50) eine gute Entscheidung. „Julian hat Qualität. Der DFB hat sich dafür entschieden, er hat sich dafür entschieden. Damit ist die wichtigste Voraussetzung gegeben“, sagte der Bayern-Trainer gestern. Auch Jürgen Klopp hält Nagelsmann für eine gute Wahl: „Du musst eine Fußballmannschaft überzeugen, du musst Spielern eine Idee vermitteln können. Das geht mit Anfang 30, Mitte 30 und Ende 30. Auch mit Mitte 70 kann das gehen. Und wenn du es nicht kannst, ist es halt auch scheißegal. Aber er kann’s!“
Nagelsmann trifft beim DFB auf den Bayern-Block, mit dem er in München knapp zwei Jahre zusammengearbeitet hatte. Joshua Kimmich (28) und Leon Goretzka (28) könnten die Gewinner des Trainerwechsels sein und auch im DFB-Team wieder zur zentralen Achse werden. Zu Manuel Neuer (37) wird ihm ein eher schwieriges Verhältnis nachgesagt.
Sein Debüt wird Nagelsmann aller Voraussicht nach auf der umstrittenen USA-Reise geben.