Halle/München – Anfang der zweiten Halbzeit wurde es hochgezogen: das Spruchband, das den jüngsten vereinspolitischen Aufreger zusammenfasst – aus Sicht der e.V.-nahen Ultras. Die hintergründige Botschaft der nach Halle mitgereisten 1860-Fans: „Wenn eine Pfeife ohne sportliche Power den Max macht, kommt nur Mist raus. Kompetenter Sportvorstand jetzt!“ Unschwer zu erraten, auf wen da angespielt wurde. Schließlich war Geschäftsführer Marc-Nicolai Pfeifer seitens eines Fanblogs vorgeworfen worden, ein „unwürdiges Transfergebaren“ verantwortet zu haben, maßgeblich unterstützt von Fanartikel-Chef Antony Power – und externen Beratern, zu denen Sechzger.de den früher bei Türkgücü angestellten Max Kothny rechnet. Jener Kothny, der bereits Trainer Maurizio Jacobacci zu den Löwen gelotst haben soll und seit einiger Zeit für die Investorengruppe Pacific Media Group im Einsatz ist.
Worum geht es?
Im Kern um einige Sommertransfers der Löwen, die erst nach dem Ausscheiden von Sportchef Günther Gorenzel zustande gekommen waren. Kritisiert wurde, dass Personen beteiligt gewesen seien, die kein Amt bei 1860 innehätten – und potenzielle Neuzugänge dazu gedrängt hätten, ihre Berateragentur zu wechseln. Andeutungen zufolge sei auch ein berüchtigter, vorbestrafter „Funktionär“ beteiligt gewesen, den das Portal aus juristischen Gründen nicht namentlich nennt (nach Informationen unserer Zeitung zuletzt bei einem Ostclub abgeblitzt).
Sind die Vorwürfe neu?
Nein, bereits lange vor dem Bericht auf Sechzger.de hatte Präsident Reisinger behauptet, die Suche nach einem Gorenzel-Nachfolger sei „gezielt verschleppt“ worden. In einem Interview mit der Bild-Zeitung sagte er: „Man wollte bewusst Zeit gewinnen, um die Kaderplanung in eigener Regie durchführen zu können. Ein neuer Sportlicher Leiter hätte dabei nur gestört.“ Gegenüber dem Wochenanzeiger hatte Reisinger präzisiert: „Außerdem hat mir in einigen Fällen das Transfergebaren unter Beteiligung Dritter überhaupt nicht gefallen.“
Wie reagiert 1860?
Mit einem scharfen Dementi. In der öffentlichen Stellungnahme heißt es in Bezug auf den brisanten Bericht des Fanblogs: „Sämtliche in diesem Artikel erhobenen Vorwürfe entbehren jeglicher Grundlage und beschädigen das Ansehen der handelnden Personen und des TSV 1860.“ Der Verein drohte vage mit rechtlichen Schritten. Die Blogger indes bleiben bei ihrer Darstellung. Pfeifer war am Sonntagabend in die BR-Sendung „Blickpunkt Sport“ zu Gast (nach Druck dieser Ausgabe) – um sich dort gegen die erhobenen Vorwürfe zur Wehr zu setzen? Auf Nachfrage unserer Zeitung sagte Trainer Maurizio Jacobacci am Vormittag: „Wir haben mit dem bestem Wissen und Gewissen gearbeitet. Die, die wissen müssen, wissen ganz klar, wie wir gearbeitet und funktioniert haben.“
Was sagt die Branche?
Laut SZ ist das Transfergebaren der Löwen bereits ein Thema in der Branche. Die SZ beruft sich auf „mehrere renommierte Spielerberater“, die unabhängig voneinander gesagt hätten, „dass die Verhandlungsweisen seit dem Abschied Gorenzels (…) der Reputation des TSV 1860 massiv geschadet hätten“. ULI KELLNER