München – Leandro Bolmaro ließ den Blick durch den verwaisten Innenraum des BMW-Park schweifen. Über sein Gesicht huscht ein versonnenes Lächeln. „Wir haben viel Talent, wir werden ein unangenehmer Gegner sein“, sagte er, „ich glaube, das wird gut.“
Es sind Worte wie diese, die man dieser Tage bei den Basketballern des FC Bayern häufig hört. Auch Marko Pesic, der Chef hatte sich dieser Tage fast euphorisch gezeigt. „Ich habe mich noch nie auf eine Saison so gefreut wie auf diese.“ Was schon viel über den Sommer verrät, den Pesic und Kollegen mit dem Saisonauftakt am Freitag auch offiziell beenden.
Was die Bayern bei ihrem Transferangriff wollten, das bekamen sie auch. Und Leandro Bolmaro war einer der ersten, der das Ja-Wort gab. Pablo Laso hat ihn nicht lange überreden müssen, die Stimme der Trainerlegende hat auch auf Gran Canaria Gewicht, wo sich Bolmaro zuletzt verdingte. Und der Handel machte ja auch Sinn. Der 23-Jährige steht für alles, was die Bayern 2023/24 sein wollen – für Tempo, Athletik und Spielwitz.
Bei Bolmaro war das so nicht immer absehbar. Ja, als er 14 Jahre alt war, galt er als Argentiniens größtes Versprechen. Aber als Leichtathlet. Landesmeister im Siebenkampf ist er gewesen, kratzte im Hochsprung hart an der Zweimeter-Marke. Bis ihn Freunde zum Basketball brachten. Auch die Korbjagd hat Tradition in dem 18 000-Seelenstädtchen Las Varillas in der Provinz Cordoba. Unter anderem Fabricio Oberto, NBA-Champion von 2007, wuchs hier auf.
„Ich hätte gerne beides gemacht“, sagte Bolmaro. Noch heute juckt es ihn, sich gelegentlich in der alten Liebe zu versuchen. Doch als die Trainer ihm einst nahelegten, sich zu entscheiden, da wählte er Basketball. Mutter Adriana fand es gut. „Sie hat gedacht, dass ich dann wenigstens nicht so viel unterwegs bin.“
Ok, Mamas Plan ging nicht ganz auf. Bolmaro war gerade 18, als einer der europäischen Branchenführer auf ihn aufmerksam wurde. Der FC Barcelona – damals übrigens unter der Führung von Svetislav Pesic – holte den 1,98-Meter-Modellathleten nach Katalonien. Und schon zwei Jahre später schien die Raketen-Karriere perfekt zu sein. Die Minnesota Timberwolves beorderten Bolmaro in die NBA. Wobei er allerdings feststellen musste, dass die beste Liga der Welt durchaus eine Traum- aber vor allem auch eine Albtraumfabrik sein kann. Minnesota schob ihn nach einer Saison im Tausch gegen den Franzosen Rudy Gobert nach Utah weiter. Die Jazz kegelten ihn nach nur 14 Einsätzen ganz aus ihrem Aufgebot.
Pablo Laso war das nur Recht. Der neue Bayern-Coach fischte Bolmaro aus einem Kurzzeit-Engagement beim spanischen Erstligisten CB Canarias. Gemeinsam mit dem Franzosen Sylvain Francisco, US-Wirbelwind Carsen Edwards, Nick Weiler-Babb und Rückkehrer Nelson Weidemann soll er nun das Bayernspiel tragen.
Laso jedenfalls ist überzeugt mit dem jungen Guard einen großen Griff gemacht zu haben: „Leandro ist ein Steal“. Laso muss es wissen, er war zu aktiven Zeiten selbst ein Spielgestalter der Extraklasse. Auch ein Punkt, der Leandro Bolmaro lockte. Der Argentinier hatte vor allem in Barcelona bei Pesic und dessen Nachfolger Sarunas Jasikevicius gesehen, welch wertvolle Impulse Trainer geben können, die selbst lange auf der Schlüsselposition des Basketballs zuhause waren.
„Pablo wird mich mit Sicherheit weiterbringen“, sagt Bolmaro, „er ist in meinen Augen einer der besten Trainer der Welt.“ Noch so ein Moment, in dem ein versonnenes Lächeln über sein Gesicht huschte.